Sonderdruck der Oberhessischen Zeitung vom 09.06.1934
Wie der Wissenschaftler von Gestein und von den Trümmerstücken verfallener Bauwerke tausendjährige Vergangenheit und Kultur abzulesen vermag und uns aus ihnen das Bild jener Lebenserscheinungen zeichnet, so kann der moderne Mensch aus alten Aufzeichnungen und Urkunden den geschichtlichen Werdegang der Geschlechter aus den letzten Jahrhunderten neu erstehen lassen und immer wieder wird der Mensch erschüttert vor diesen stummen Zeugen großer Vergangenheit als den Kündern des Heiligsten stehen: des Lebens, das vor uns war und nach uns sein wird. Jene Zeugen vergangener Zeit, jene Formen, in die das menschliche Leben gleichsam hineingegossen ist, die der Lebensstrom sich geschaffen hat, offenbaren uns, wie stark und eindrucksvoll sich das Leben in einzelnen Menschen auswirken kann, die dann über ihre Zeit, über ihren Wirkungskreis, ja über das Heimatland hinaus mitbestimmend in den Gang der Geschichte eingreifen. Ein solches einflussreiches Leben für unsere Stadt, für das Hessenland und darüber hinaus ist das der Familie Bücking, das sich heute aus Anlass des zweihundertjährigen Jubiläums des Kaufmannshauses Bücking vor uns ausbreitet. Georg Dietrich Bücking schreibt treffend in seinem Vorwort zu der inhaltsreichen und wertvollen Jubiläumsschrift, dass aus den Erlebnissen klar und deutlich hervorgeht, wie eng das Einzelindividuum mit dem Schicksal seines eigenen Staates und Vaterlandes verknüpft ist. Aber in seiner Bescheidenheit übergeht er es, zu sagen, welch großen Einfluss das Geschlecht der Bücking auch auf die Vaterstadt Alsfeld gewonnen hat.
Die zweihundertjährige Geschichte der althessischen Kaufmannsfamilie Bücking …
bedeutet einen Großteil Geschichte des hessischen Woll- und Leinenhandels, an deren erfolgreicher Förderung sie beteiligt ist. In dem nördlichen Oberhessen, dem Abhanggebiet des Vogelsberges, in dem die landwirtschaftlichen Erträgnisse nur eine knappe, wenn nicht dürftige Lebensbefriedigung von jeher gewesen sind, war die Bevölkerung wie in anderen ähnlichen Landschaften, wie z.B. im Riesengebirge, auf Nebenerwerb angewiesen. Diesen fand sie in der Verwertung und Bearbeitung der Wolle und des Flachses. So mögen die, gerade in den Gebieten um Alsfeld, Lauterbach und Schlitz sehr zahlreichen Woll- und Leinenwebereien und Tuchmachereien entstanden sein. Aus der Weberei und Spinnerei für den eigenen Bedarf entwickelte sich dann die Überschussproduktion, die auf die Märkte der Kreisstädte gebracht wurde. Das Zunftwesen brachte ein Aufblühen. Schon 1366 wurde die Zunft der Wollweber in Alsfeld, als die älteste Zunft der Stadt, genannt. Die Alsfelder Leinenweberzunft lässt sich bis in die Zeit des Landgrafen Hermann des Gelehrten (gest. 1413) zurückverfolgen und unter Philipp dem Großmütigen (1518-1567) stand diese an der Spitze der Innungen der Stadt. Später wurden Leinenweberzünfte in Romrod 1605, Burg-Gemünden 1650 und in Lauterbach 1776 genannt. Aus dem mittelalterlichen städtischen Handwerk hat sich dann die Leinenweberei zur ältesten und bedeutendsten Industrie des Hessenlandes entwickelt und die Kreise Alsfeld und Lauterbach wurden die Hauptleinengegenden. Die Zünfte der Leinenweber gehörten zu den angesehensten, wohlhabendsten und einflussreichsten. Sie stellten in den Städten Alsfeld, Lauterbach und Schlitz eine große Zahl der Ratsherren.
Das geschäftliche Leben und die Aussicht auf erfolgreiche Betätigung in der Stadt mögen auch die Bücking nach Alsfeld geführt haben, die sich damit in die Reihe „der nur noch wenigen bürgerlichen Geschlechter“ einreihten, wie es in der Festschrift heißt, „die noch heute in der Stadt ansässig sind, in der sie schon im Mittelalter hausten“. „Sie kamen einst in die Stadt wie Jost Bigkingk, der 1526 aus dem nahen Billertshausen nach Alsfeld kam und dort als Bürger aufgenommen wurde. Doch war er nicht der Erste. Schon 1437 wird eine Katharina Buckings in Alsfeld genannt.“ Jost wurde Ratsherr und als solcher nicht weniger als zehnmal zum Bürgermeister gewählt. In weiterer Geschlechterfolge waren die Bücking Ratsherren, wie ja überhaupt die Ratsstellen fast erblich waren, Weinwirte, da die Städte das ausschließliche Recht des Weinausschanks besaßen, Weinmeister (Vorgesetzte der Weinwirte), Baumeister und Bürgermeister. Der 1638 geborene Georg Bücking, genannt Gimpel, der Kupferschmied war, siedelte nach Marburg über. Sein jüngster Sohn wandte sich dort dem Handelsstande zu und schuf die Vorbedingungen zu dem Geschlecht der Kaufleute Bücking. Georgs Enkel, Hans Jakob, kehrte in die alte Heimat Alsfeld zurück. Und so wurde
Hans Jakob Bücking der Vorfahr und Stammvater
des neuen Alsfelder Zweiges der Geschlechter Bücking.
Er war 1707 geboren und ein tüchtiger, allseitig ausgebildeter Kaufmann, der 1734 die kaum 20-jährige Tochter Mechtild Margarete des Ratsverwandten und Handelsmanns Johannes Haas in Alsfeld zur Frau nahm. Am 09.06.1734, am Mittwoch vor Pfingsten, eröffnete er sein Geschäft, das in erster Linie dem Handel mit „Ratin“, einem gekräuselten Wolltuch bestand, das vom Laden aus vertrieben wurde. Für die damaligen Handelsmänner war aber auch der Verkauf auf den Märkten, besonders den auswärtigen Jahrmärkten wie in Romrod, Kirtorf, Neustadt, Groß-Felda, Homberg, Amöneburg, Grünberg, Neukirchen und Treysa von Wichtigkeit. So stellte der junge Handelsmann sofort nach der Geschäftseröffnung seine Waren auch auf dem Alsfelder Pfingstmarkt aus. Zugleich betrieb er aber auch einen nicht unbeträchtlichen Ausfuhrhandel, sogar bis nach der Schweiz. Das Geschäft blühte auf und anstelle des einfachen Hauses in der Mainzergasse erwarb er eines der größten und bestgelegenen Häuser der Stadt, das Haus am Markt an der Ecke der Baugasse, das er genau 10 Jahre nach der Geschäftseröffnung bezog. Hans Jakob scheint die Frühjahrs-(Jubilate-Messe in Leipzig und die beiden (Fasten- und Michaelis-)Messen in Frankfurt a.M. regelmäßig besucht zu haben. Aus seinen Aufzeichnungen über die Einkäufe in Leipzig, die fast ausschließlich in Webwaren bestanden, geht die Vielseitigkeit seines Handels hervor.
Da kaufte er Tuche in blau und grün, Görlitzer, schwarz feines Naumburger, Sommerfelder u.a. Tuche, im ganzen 34 Stück, aber auch Flanelle, Leinwand, „kleine Salfrete“ (Servietten), Canevas usw. ein. Auch 33 Dutzend und vier Paar – 400 „Schlompen“ und vier Dutzend „geschmierte Schlompen“ nahm er mit. Aus dem reichhaltigen Verzeichnis seien noch u.a. Kavpen, Kinderstrümpfe, Schnupftücher, Manns- und Weiberhandschuhe mit Finger, bunte Halsbändel, beinerne Knöpfe, 1 Schreibtafel mit Haken, 2 Lot Silberring, Baumwollgarn, Rauchpulver, Papier und Weiberstrümpfe mit Röschen auf dem roten Zwickel genannt.
So reichhaltig wie die Waren sind auch die Geldsorten, die er auf die Messereise mitnahm. Wie sich durch die Messen der Handelsverkehr über das ganze Deutsche Reich und über dessen Grenzen hinaus erstreckte, verraten erhaltene Quittungen aus Basel, Zürich, Hamburg, Verviers, Kaufbeuren u.a. Dabei waren Hans Jakob und seine Mechtild Margreta von lebendiger Frömmigkeit, die sich das Hausrecht in den Kirchen der Stadt erwarben. So besaßen sie neben den von den Eltern geerbten Kirchenstühlen einen solchen in der „Walpurgiskirche neben die Sakristei wider die Wand“, einen Kirchenstand in der Dreifaltigkeitskirche, zwei Weiberstände und kurz vor seinem Tode erwarb Hans Jakob einen Mannsstand in der Hauptkirche vor der „Nikolausvorbühne“. Sie hatten 12 Kinder, von denen 3 Söhne und 5 Töchter am Leben blieben. Als Hans Jakob 1758 im 51. Lebensjahr starb, sein Grabmal ist auf dem Kirchhof noch heute zu sehen, führte zunächst seine Frau das Geschäft bis 1776 mit Unterstützung ihrer Söhne weiter. Zu dieser Zeit kam ein neuer Geschäftszweig zu dem bisherigen hinzu, der Handel mit Leinentuch, den die drei Söhne zu ihrem Großhandel, den sie unter der Firma Hans Jakob Bücking seel. Söhne führten, hinzunehmen. Sie betrieben mit Norddeutschland Einfuhrgeschäfte und nach Basel weiterhin Ausfuhrhandel. Nebenher hatten sich die zwei Ältesten selbständig gemacht und der Jüngste, Georg, übernahm das väterliche Geschäft. Einen besonderen Handel hatten die drei Brüder mit Christian Gotthelf Otto seel. Wwe. in Leisnig, von denen sie „Schlompen“, Wollkämmel zum Auskämmen der gewaschenen Schafwolle bezogen, deren es drei Arten gab. Dieser Handel war recht beträchtlich und geradezu ein Gradmesser für die Entwicklung der Wollzucht und der Wollspinnerei und Wollweberei in Alsfeld und Umgebung. In dieser Zeit Georg Bückings (1776 bis 1819), in die weiterhin die Kriegsereignisse hineinspielten, treffen wir zum ersten Male auf die Geschäftsreisenden, die Kolonialwaren anboten, während von 1804 bis 1819 nur ein einziges Mal ein solcher für Webwaren genannt ist. Der Krieg erschwerte das Ratingeschäft, Stadt und Land waren voller Einquartierung. Alsfeld hatte schon von April 1797 bis Dezember 1798 ununterbrochen Einquartierung und auch die Befreiungskriege gingen an Alsfeld und dem Haus Bücking nicht spurlos vorüber. 1813 hatte „Lieutenant“ Bücking 16 mal, 1815 37 mal Einquartierung. Zur Aufbringung der Kosten mussten die wohlhabenden Bürger der Stadt und dem Land helfen. So lieh Georg Bücking der Stadt Alsfeld 1797 500 fl., dem armen Nachbarort im kurmainzer Katzenberg, Vockenrode 200 fl. und an andere Gemeinden, so an Strebendorf und Seibelsdorf für Lieferungen 800 fl. 1799 lieh sich Alsfeld wiederum 100 fl. und 1800 gab Bücking zu einer vom Landesfürsten aufgelegten Anleihe zur Deckung der Kriegskosten 200 fl. Gleiche Ausleihungen nahm die sparsame Frau „Stadtlieutenant“ Juliana Katharina, die als „Georg Bücking Wittib“ das Geschäft bis 1828 weiterführte vor. U.a. lieh sie 1821 Alsfeld 800 fl., legte 1822 bei der Stadt Frankfurt a.M. 1.000 fl. und 1825 bei der Hess. Kriegsschuldentilgungskasse 500 fl. und den doppelten Betrag noch einmal 1829 an.
Mit ihrem Sohn Georg Dietrich Bücking (1828-1857), der bei der Geschäftsübernahme vollkommen veränderte Verhältnisse vorfand, begann das zweite Jahrhundert des Unternehmens. Die Schranken der Zünfte waren gefallen. Mit dem Zusammenbruch des Königreiches Westfalen 1813 hatte der seit 1690 bestehende hessisch-sächsische Postverkehr Frankfurt a.M.-Alsfeld-Eisenach-Leipzig aufgehört und führte über Gelnhausen-Fulda-Eisenach. Alsfeld besaß nur noch kleinere Postlinien nach Gießen, Hersfeld und Lauterbach. Einen weiteren Schlag erlitt Alsfeld dadurch, dass die geplante Main-Weser-Bahn von Kassel nach Frankfurt a.M. nicht durch den Schwalmgrund entlang von Treysa nach Marburg geführt wurde. Anstatt des einen alten waren 5 Bückingsche Geschäfte in Alsfeld, die alle die gleichen Waren führten. Erst seinem Sohne Heinrich, der den Beinamen der Siebente (1857-1894) erhielt und der die Spezerei-(Kolonial-)Waren aufgab, gelang eine Belebung des Geschäfts. 1862 verkaufte ihm sein Vater das Geschäftshaus am Markt, in dem er einen großen Laden mit zwei großen Schaufenstern errichtete und das er 1878 durch einen Neubau anstelle der Nebengebäude vergrößerte. Zu der damaligen Zeit war in Alsfeld ein Schneidermeister ansässig, der billige Hosenzeuge von der Firma Georg Dietrich Bücking kaufte und die daraus verfertigten Hosen auf den Märkten absetzte. Dies war wohl der erste Konfektionär in Oberhessen. Mit seinem Schwager Carl Grünewald betrieb er die neu aufgekommene Leinenfabrikation. Dabei mag der in den 50er-Jahren in Blüte stehende Flachsanbau in Oberhessen Ansporn gewesen sein. Aber bereits 1891 schied er aus der Mechanischen Weberei aus. 1894 übernahmen die beiden Söhne Georg Dietrich und Heinrich 1. das Geschäft. 1906 schied Heinrich Bücking 1. auf seinen Wunsch aus der Firma Georg Dietrich Bücking aus, um seine Kraft ganz dem Detailgeschäft am Marktplatz zu widmen. In diesem wirkt er bis heute mit unermüdlicher Hingabe.
Der kaufmännische Unternehmungsgeist der Vorfahren beseelte Georg Dietrich Bücking, der auf einer Reise 1892 und durch einen längeren Aufenthalt 1896 in Neuyork angeregt, die amerikanische Schutzhose, die nur den Seefahrern von Hamburg und Bremen bekannt war, in Deutschland einführte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten begann er 1904 im Mansardenstock seines Hauses am Markt mit zunächst 6 Nähmaschinen die Eigenfabrikation und legte dadurch den Grund für die
Kleiderfabrik Georg Dietrich Bücking.
Auf den Gewerbeausstellungen in Fulda, Luxemburg und Kassel errang er Auszeichnungen und 1905 wurde in gemieteten Räumen mit 20, 1908 in einem eigenen Fabrikgebäude bereits mit 30 Nähmaschinen fabriziert und als Georg Dietrich Bücking dann als Erster dazu überging, die Hydronfarbe für blaue Arbeitsanzüge mit Hilfe einer großen Reklame einzuführen, hob sich der Umsatz, so dass 1911/1912 ein vollkommen neuer, zeitgemäßer Fabrikbau, das heutige Hauptwerk, errichtet und mit den modernsten Zuschneide- und Hilfsmaschinen ausgestattet wurde. Den besten Aussichten machte der Weltkrieg ein Ende und der umfangreiche Exporthandel nach Ostafrika und Südwest wurde vollkommen lahmgelegt. Der Weltkrieg überraschte Georg Dietrich Bücking und seine Frau auf einer Reise durch den amerikanischen Kontingent am Stillen Ozean in San Franzisko und am 2. August in Denver, der Hauptstadt der Prärie. Auf der Heimreise wurde der 56-jährige mit anderen Deutschen als Kriegsgefangener nach Falmouth (England) gebracht, von wo es ihm durch den Einfluss eines bekannten englischen Parlamentariers gelang, nach Neuyork zurückzukehren. Alle Versuche waren vergeblich, so dass er erst nach 3 Jahren, Ende Juni 1917 nach Alsfeld zurückkehren konnte und der freundliche Empfang seiner Belegschaft zählt heute noch zu seinen schönsten Erinnerungen. Frau Matilda Bücking war bereits am 30. August 1914 zurückgekehrt, wo in der Zwischenzeit Zuschneider Weißgerber, als einziger der männlichen Belegschaft noch die Leitung des Unternehmens in Händen hatte. Frau Matilda gelang es über alle Schwierigkeiten das Unternehmen zu erhalten, bis etwa 1916 der inzwischen kriegsbeschädigte Prokurist Wilmers zurückkam und sie darin ablöste. Der mit Hilfe seines Freundes und Landsmannes, des Washingtoner Professors Georg Martin Kober, heimgekehrte Georg Dietrich Bücking wandte sich sofort an das Kriegsministerium in Berlin um Arbeit für seine Leute. Es begann die Zeit der Ersatzfaserfabrikation, in der Vaviergewebe als Rohstoffersatz diente. Nach dem Kriege waren Säureanzüge ein großer Artikel; es folgte die Inflation mit ihren verheerenden Wirkungen; dann waren die Windjacken neu aufgekommen und schließlich die Herstellung der Trachtenkleidung wieder betrieben, deren Hauptabsatzgebiete Bayern, Württemberg, Baden und Thüringen sind.
Der Initiative des 1928 nach seiner Lehrzeit und zweijährigen Studienreise aus USA zurückgekehrten
Hans Jakob Bücking
ist die Einführung der bekannten Bücking Dreinaht-Arbeitsanzüge zu verdanken, deren Umsätze ständig stiegen. Mit der Aufnahme der Lodenfabrikation, wobei die Firma Georg Dietrich Bücking zu den Ersten in der Lodenfabrikation guter Stapelqualitäten zählt, trug sie wesentlich zur Steuerung der Arbeitslosigkeit in ihrem Bezirk bei. Zu einem vollen Erfolg gestaltete sich der Versuch der Einführung der Männerarbeit an Spezialmaschinen. Auch mit der Herstellung von Uniformen hat sich die Firma frühzeitig befasst und erstmalig 1930 SA-Blusen und Breecheshosen hergestellt, aber die Berufskleiderfabrikation in keiner Weise vernachlässigt. Jahr für Jahr wurden die alten Absatzgebiete ausgebaut, und, wenn auch unter manchen Schwierigkeiten, neue hinzugewonnen, so dass heute die Fabrikate der Firma Bücking in allen Teilen Deutschlands zu haben sind und sich dank ihrer Güte großer Beliebtheit erfreuen.
Heute besitzt die Firma neben ihrem modern ausgebauten und eingerichteten Hauptwerk noch die Zweigbetriebe am Lieden und in der Hersfelder Straße, sowie die Zweigfabrik in Grebenau, in der ausschließlich blaue Arbeiterkonfektion hergestellt wird. Im Zuge der von der Reichsregierung getroffenen Maßnahmen zur Belebung des Binnenmarktes und der geförderten Arbeitsbeschaffung wird demnächst ein Lagerneubau von 1.800 Quadratmetern eingeweiht werden zur Verbesserung der Arbeitsräume für Hunderte von Menschen, die hier Arbeit und Brot finden.
So sind die Wahrzeichen Alsfelds großer Vergangenheit auch Zeugen der Schaffenskraft und des Unternehmergeistes der Bücking und Bückings Wohlstand wirkt sich bis auf den heutigen Tag (es sei dazu auch auf die Würdigung der Verdienste Georg Dietrich Bückings um seine Vaterstadt anlässlich seines 70. Geburtstages in unserem Blatt hingewiesen) zum Segen und Nutzen der Allgemeinheit aus. Wie die jetzige, die fünfte Generation in dem gleichen Hause, in dem die erste den Grundstock legte, das Unternehmen weiter betreibt und bald der sechsten Generation übergeben wird, so wurde der Geist des deutschen königlichen Kaufmannes weitervererbt bis auf den heutigen Tag. Und in dem ungebrochenen Wagemut der Geschlechter der Bückings offenbart sich der deutsche Lebensgeist, der nun unter zielbewusster Führung sich wie hier im kleinen auch gegenüber der Welt durchsetzen wird in Demut vor Gott und zum Ruhme deutscher Wesensart.
Der Verlauf der Jubiläumsfeier (1934)
Die Feier des 200-jährigen Bestehens des Kaufmanns- und Handelshauses Bücking, dessen weite Kreise sich über das ganze Reich verbreiten, erhielt durch die Beteiligung der vielhundertköpfigen Gefolgschaft eine starke familiäre Prägung. Im Obergeschoß des Neubaues, dessen mit Grün und den Bildern der Führer, sowie den Fahnen des Dritten Reiches und den Zeichen der Deutschen Arbeitsfront geschmückte Stirnwand die Fassade bot, war in sinniger Weise ein provisorischer Versammlungsraum geschaffen. Um die Angehörigen der Familie Bücking, den Seniorchef Georg Dietrich mit seiner Frau Mathilda, den Juniorchef Hans Jakob, die Töchter Irma Kolb geb. Bücking und Ellen Ruth, sowie den Schwiegersohn Oberforstmeister Kolb, ferner den Bruder des Seniorchefs Heinrich Bücking 1. nebst Frau versammelten sich neben den Behördenvertretern und geladenen Gästen die Geschäftsfreunde, die Vertreter der Firma, sowie die Werksgemeinschaft. Unter den geladenen Gästen sah man u.a. Pg. Gies als Vertreter des Reichsstatthalters und des Gauwirtschaftsberaters, Herrn Dr. Praußnitzer, als Vertreter des Reichsstandes der Deutschen Industrie und des Verbandes Mitteldeutscher Industrieller, Herrn Oberfinanzrat Schäfer-Berlin, als Vertreter Hessens beim Reich, ferner den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Gießen, Dr. Pauly, sowie den Syndikus SS-Truppführer Dr. Keim, Herrn Bank-Direktor Griesbauer-Gießen und Herrn Bankvorstand Wille-Alsfeld von der Commerz- und Privatbank, Herrn Reichsbankrat Dopheide-Alsfeld und Herrn Steuersyndikus Will-Gießen.
Die Kreisleitung der NSDAP war durch Kreisgeschäftsführer Schäfer und die Sparkasse durch ihren Direktor, Sturmbannführer Trips, vertreten.
Nach dem feierlichen Einbringen der Fahne der Betriebszelle sprach Frl. Frieda Köhler-Eudorf den von ihr verfassten Prolog:
Im Heulen der Sirene und im Sausen
Der schnellen Räder klingt das starke Lied
Des Schaffens und der Kraft wie Sturmesbrausen,
Das ewig wiederkommt und ewig flieht.
Wo starker Geist und starke Hand sich einen,
Da wachsen Mauern felsenfest hervor,
Da klingt das Lied der Arbeit aus den Steinen,
Und jede Pforte wird zum Segenstor.
Zweihundert Jahre rüstig Aufwärtsschreiten!
Ein starkes, mutiges Geschlecht, fürwahr,
Das in dem wilden Wechselstrom der Zeiten
Stets Werk und Tat und neue Kraft gebar.
Gleich goldenen Fäden zieht es aus den Hallen
Und schlingt um Tausende ein festes Band.
Zweihundert Arbeitsjahre! Und aus allen
Fügt, kettengleich sich schließend, Hand in Hand!
In die lautlose Stille klang der von einer Musikkapelle vorgetragene Choral „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“. Danach bestieg
der Seniorchef Georg Dietrich Bücking
bedächtig das grünumkränzte und mit der Hakenkreuzfahne geschmückte Rednerpult, übersah die große Gemeinschaft mit schnellen Blicken und sprach dann, überwältigt von dem starken Eindruck dieses festlichen Augenblicks, seine ersten Worte. „Ich heiße Sie alle“, so sagte er, „recht herzlich willkommen zu unserem heutigen Gedenktage; insbesondere die Herren, die von außerhalb gekommen sind und uns die Ehre ihres Besuches geschenkt haben.“ Nach der namentlichen Begrüßung der Vertreter der Behörden fuhr dann Herr Bücking mit etwa folgenden Worten fort: „Ein knappes Halb-Jahrtausend ist meine Familie urkundlich in Alsfeld ansässig. Diese Heimattreue hat mich auch bewogen, meinen Fabrikbetrieb hierorts zu errichten, trotzdem ich anderwärts günstigere Vorbedingungen dafür gehabt hätte. Über die letzten zwei Jahrhunderte geschäftlicher Tätigkeit besitzen wir genaue Buchführung. Trotz aller Widerwärtigkeiten hat sich zähe Beharrlichkeit und ernster Arbeitswille unter Mithilfe treuer bodenständiger Mitarbeiter schließlich durchgesetzt. Möge auch für die Zukunft der gleiche Glücksstern über meiner Firma schweben und ihr jederzeit treue Mitarbeiter bescheren.“ Er wies auf Joh. Gottlieb Fichtes Mahnung an die deutsche Nation hin. Seine Worte klangen aus in dem Wunsche, dass hierzu Gott seinen Segen geben möge!
Der Juniorchef Hans Jakob Bücking,
hielt eine mit Geschick und Sachkenntnis gut aufgebaute, beachtliche Festrede, der er die Worte des Präsidenten und Vorsitzenden des Verbandes Mitteldeutscher Industrieller: „Tradition und Geschichte verpflichten“, zu Grunde legte. Nur derjenige hat ein Recht, sich hierauf zu berufen, der sich ihrer durch die Tat für würdig erweist. Tradition und Geschichte sind nur dann ein aufbaufähiges Element, wenn sie täglich, stündlich von der Gegenwart ertrotzt und erkämpft werden. Das gilt für alle Dinge des politischen und wirtschaftlichen Lebens. Anschließend sagte er dazu u.a.: „Tradition ohne lebendige Verbindung mit der Gegenwart ist etwas Totes, vielleicht Verehrungswürdiges. Aber man hüte sich, stolz darauf zu sein. Stolz darf man auf eine Tradition nur sein, wenn man das Wertvolle, die Ewigkeitswerte mit hinübergenommen hat in die Gegenwart und danach handelt in enger Verbundenheit mit den Erfordernissen der heutigen Welt. Gar manche, welche den Erfordernissen ihrer Zeit nicht entsprachen, sind zugrunde gegangen oder verschwunden. So werden Sie in unserem Festbüchlein manches alte Kaufmannsgeschlecht verzeichnet finden, mit denen die Bückings Handel getrieben, von denen noch heute kaum die Rede ist, ja, die zum Teil vollständig vergessen wurden.“ Er wies ferner auf Grundsätze und Prinzipien des Hauses hin, auf welche eine Volkswirtschaft stets achten muss, wie Sparsamkeit und Einfachheit, die auch in der Zukunft die Grundlagen des Unternehmens bleiben sollen, Grundsätze die jetzt wieder der Führer Adolf Hitler zur Geltung brachte. Und dazu soll hinzukommen, wie bisher, der Begriff der Qualität.
Dem nun folgenden Überblick über die Geschichte des Hauses Bücking, die wir schon eingangs ausführlich behandelt haben, sei aber noch dieser Hinweis entnommen: „Wenn im Jahre 1913 in Oberhessen nur noch 18,4 Hektar mit Flachs bebaut wurden, während man 1849 3.788 Hektar anpflanzte, so sollte diese letzte Zahl richtunggebend für unsere eigene Rohstoffversorgung sein. Bereits in der Festschrift (Fußnote S. 53) ist dazu noch geschrieben, dass das Alsfelder Gebiet für den Flachsbau günstig und von großer Bedeutung gewesen ist. Das Nebenprodukt des Flachses, das Leinöl, könnte wohl durch chemische Bearbeitung geschmacklich verbessert werden. Im Vogelsberg und anderen Gegenden Deutschlands wurde früher – zum Teil sogar noch heute – zum menschlichen Genuss kein anderes Öl als das aus dem Flachs gewonnene Leinöl gebraucht.“
Der Festredner sprach ferner von dem bahnbrechenden Gedanken der Errichtung einer Berufskleiderfabrik durch Georg Dietrich Bücking und dem großen Wagnis, vom Handel zur Fabrikation überzugehen. Hätte nicht ein starker Wille und ein grenzenloses Vertrauen in das Gelingen seiner Sache unseren Seniorchef beseelt, das Werk hätte Schiffbruch erleiden müssen. Aber trotz aller anfänglichen Misserfolge und trotz größter Schwierigkeiten glückte das mutige Beginnen, und der Wunsch von Herrn Bücking senior ging in Erfüllung, in einer Gegend, seiner Heimat, welche durch Naturschätze nicht gerade verwöhnt ist, eine neue Industrie zu gründen, welche heute Hunderten von Leuten Arbeit und Brot gibt. Er würdigte die Verdienste der Angestellten und Arbeiter, die die Voraussetzungen für den guten Klang des Namens Bücking in den Fachkreisen und in der Welt schaffen halfen, so dass die Kollektionen jetzt nicht nur im Deutschen Reich, sondern auch in Südafrika, Holland und Norwegen zu finden sind. Dafür spricht auch jene ergötzliche Tatsache, die ein Geschäftsfreund berichtete, dass ein Arbeiter bei ihm einen blauen Kittel mit einer „Heringsmarke“ verlangte und bei eingehender Befragung erklärte: „Entweder steht ein Hering oder ein Bückling drin.“ Die Gefolgschaftstreue der Arbeiter und Angestellten soll belohnt werden durch die
„Georg Dietrich Bücking-Stiftung“
im Gesamtbetrage von 20.000 Mk., aus der jeder mit 25-jähriger, treuer, ununterbrochener Leistung einen Pensionszuschuss erhalten soll. Weiter überreichte Herr Bücking sen. anlässlich des heutigen Ehrentages allen denen, welche seit 10 Jahren treu zum Unternehmen standen, ein Selbstbildnis, sowie ein Sparkassenbuch mit einem nach den Dienstjahren festgesetzten Betrag, der insgesamt die Summe von 5.000 Mk. ausmacht. Außerdem wurde an den Herrn Reichsstatthalter ein Dankestelegramm gesandt, mit welchem die Fa. Bücking gleichzeitig die Stiftung von je 1.000,- RM. für die NS.-Volkswohlfahrt und die Hitler-Jugend verband. Auch das „Rote Kreuz“ wurde anlässlich des Jubiläums mit einer Stiftung von 100 RM. bedacht. – Die Festrede schloss mit der Erinnerung daran, dass das Werk nur dann bestehen kann, wenn Gott seine schützende Hand darüber hält. Mit dem Choral „Lobe den Herren“, schloss der erste Teil der Feier. Die Reihe der
Gratulationen
eröffnete der Vertreter des Vertrauensrates der Angestellten und Arbeiter, Buchhammer, der den beiden Chefs und deren Familien die Glückwünsche der gesamten Gefolgschaft aussprach. Er dankte aus ehrlich überzeugtem Herzen dafür, dass vorbildlicher Fleiß, unermüdliche Schaffenskraft und weitblickender Unternehmergeist die Möglichkeit zur Feierstunde gegeben haben und überreichte namens der gesamten Gefolgschaft ein Bild, zu dem alle Mitarbeiter des Hauses, Vertreter, Angestellte und Arbeiter ihr Scherflein beigetragen haben. Seine herzlichen Wünsche gipfelten in einem Sieg-Heil auf „unsere hohen Jubilare, unser Werk und das Haus Bücking“. Für die 16 Vertreter, die „Pioniere“, für den Arbeiter des Werkes, die in schwerer, verantwortungsvoller Arbeit mitgeholfen haben in endloser, geduldiger Mühe Baustein um Baustein mit heranzutragen, sprach Vertreter Gabler-Berlin die herzlichsten Glückwünsche mit dem Versprechen weiterer, treuester Pflichterfüllung aus. Anschließend gab er die Erklärung zu dem Geschenk, dem von Pg. Professor Ernst Liebermann-München, Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste, geschaffenen Gemälde, auf dem die Firma als deutscher Eichbaum, dessen Laubdach allen Arbeitern und Angestellten Schirm und Schutz gewährt, symbolisiert ist. Am Stamm der Eiche sind die Reliefbildnisse von Vater und Sohn Bücking und das Wappen der Familie zu sehen. Während im Hintergrund die Sonne als Sinnbild des Gedeihens und weiteren Erfolges der Firma über die große Gemeinde scheint, sind im Vordergrund alle diejenigen dargestellt, die mit den Erzeugnissen der Firma in die Welt hinausgehen und Künder ihrer Leistungsfähigkeit sind.
Als Vertreter des Reichsstatthalters und des Gauwirtschaftsberaters sprach Pg. Gies,
der einleitend sagte, dass der Herr Reichsstatthalter seine Glückwünsche bereits schriftlich übermittelt habe und dann betonte, dass Tradition und Geist im Hause Bücking immer gute waren, da ihr Wahlspruch war „Redlich im Handel, christlich im Wandel“, der sich mit dem Programm des Nationalsozialismus vertrage. Weiterhin wies er auf die großen Erfolge der Reichsregierung durch die Arbeitsbeschaffung hin und hob das Verdienst des Führers hervor, der den Arbeiter wieder in das Volk zurückgeführt hat. Mit Dankesworten an den Führer, der die Feier des Jubiläums in eine hoffnungsvolle Zeit gelegt hat, schloss Pg. Gies. In sehr erfrischender und eindrucksvoller Weise übermittelte
Dr. Praußnitzer-.Frankfurt/Main als Stellvertreter des Reichsstandes der Deutschen Industrie und des Verbandes Mitteldeutscher Industrieller der Familie Bücking, als einer der wenigen deutschen Firmen überhaupt und wohl als die einzige Firma in Hessen, die auf einen Zeitraum von 200 Jahren ihres kaufmännischen Wirkens zurückblicken kann, im Auftrage des Führers der Gesamtgruppe Industrie der deutschen Wirtschaft, des Herrn Dr. Krupp von Bohlen und Halbach und im Auftrage des Vorsitzenden und Führers der heimischen Industrie, des Herrn Dr. Lüer, herzliche Glückwünsche. Er widmete dem Unternehmen einen Rückblick und hob die drei, aufs günstigste zur Einheit verschmolzenen Faktoren segensreicher Entwickelung, die Verbundenheit der Familie mit Blut und Boden des oberhessischen Volkes, die kameradschaftliche Verbundenheit mit den Mitarbeitern als den Ausdruck echten deutschen Wesens und zugleich als Sozialismus des Herzens im schönsten Sinne des Wortes und schließlich die Tatsache, dass stets Persönlichkeiten und Charaktere Leiter des Unternehmens waren, hervor. U.a. führte er weiter aus: „Es hat sich auch hier in diesem einzelnen Falle wieder gezeigt, wie richtig, wie umsichtig und weitschauend die Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung auch auf dem Gebiete der Wirtschaft, insbesondere auch für jedes einzelne Unternehmen gewesen sind. Aber sie haben sich hiermit nicht begnügt. Sie haben nicht nur aus den Ihnen hier gebotenen Möglichkeiten alles bis auf das letzte herausgeholt, sondern Sie haben auch erkannt, dass der deutsche Kaufmann und die deutsche Industrie niemals restlos die ihnen vom und für das deutsche Volk gestellten Aufgaben zu erfüllen vermögen, wenn sie nicht versuchen, die uns verloren gegangenen Auslandsmärkte zurückzuerobern. Dies kann nur durch Qualitätsarbeit erfolgen. Auf die Dauer wird die Welt nur an unseren Spitzenleistungen, an unserer unnachahmlichen Wertarbeit deutschen Geistes und deutscher Handfertigkeit nicht achtlos vorübergehen können. Ich darf sagen, dass jedes Stück deutscher Ware, das draußen auf dem Weltmarkt abgesetzt wird, unser bester Botschafter im Auslande ist. Persönlichkeit, Kameradschaft und Leistung, die unser Volk groß gemacht haben“, so schloss der Redner, „müssen es auch weiterhin erhalten.“
Der Vertreter Hessens beim Reich und Führer der Hessen in Berlin, Oberfinanzrat Schäfer,
der 23 Jahre die Firma Bücking betreut hat, kleidete seine Glückwünsche in sehr herzliche Worte.
Bürgermeister Dr. Völsing
verstand es vortrefflich, die Geschichte der im 14. Jahrhundert nach Alsfeld eingewanderten Bücking in die große Vergangenheit des altertümlichen Alsfeld einzuordnen, dessen Zeugen vergangener Größe uns erhalten sind. Er würdigte den Anteil der Familie Bücking an dieser Entwickelung der Stadt, der sich bis auf die heutige Zeit erhalten hat, indem die Firma Bücking als führender Betrieb der Stadt diese in jeder Hinsicht unterstützte und schon immer einen großen Teil der Wohlfahrtserwerbslosen und Arbeitslosen in den Arbeitsprozess einstellte. So gut wie die Verbindung von Firma und Verwaltung waren, war auch das Verhältnis des Seniorchefs zur Stadt. Bürgermeister Dr. Völsing sprach ihm an dieser Stelle den Dank der Stadt Alsfeld für seine etwa 25-jährige Mitarbeit im Stadtvorstand zum Wohle der Allgemeinheit aus und wünschte der Firma ein ferneres Blühen, Wachsen und Gedeihen. – Nachdem noch der Präsident der Industrie- und Handelskammer Gießen, Dr. Pauly, gesprochen hatte, überbrachten auch Bahnhofsvorsteher Luh namens der Reichsbahndirektion, Postamtmann Rehm für das Postamt und dessen Beamte, sowie der Vorstand der Reichsbanknebenstelle, Reichsbankrat Dopheide, ihre Glückwünsche und vermehrten durch ihre Angebinde die überaus reiche Fülle der Blumenspenden, die sich um das Rednerpult angesammelt hatten.
Die Dankesworte
für die Fülle der Beweise der Anerkennung und Verbundenheit, zu der noch eine überaus große Anzahl von schriftlichen und telegrafischen Glückwünschen kamen, sprach Hans Jakob Bücking, der versprach, das Unternehmen im Sinne der Vorfahren zum Segen der Mitarbeiter und der Allgemeinheit weiterzuführen und dies bekräftigte durch das Treuegelöbnis zum ehrwürdigen Reichspräsidenten von Hindenburg und dem Kanzler der Deutschen, Adolf Hitler, in das die Festgemeinde freudig einstimmte und nach üblichem Brauch die ersten Verse des Deutschland- und des Horst Wessel-Liedes sang. Mit der Jubelouvertüre, sowie dem Ausmarsch der Fahne schloss die feierliche Stunde, die sehr eindringlich zum Ausdruck gebracht hatte, welch große Bedeutung und welches Ansehen die Firma in der deutschen und in der heimischen Wirtschaft genießt und welcher Verbundenheit sie sich namentlich in unserer Stadt erfreut. Hierauf begaben sich die Teilnehmer zur
Nachfeier in das „Deutsche Haus“
die sich alsbald zu einem großen Volksfest mit munterer Unterhaltung und flotten Tänzen entwickelte. Eingeleitet wurde dieser Abend, um den sich vorwiegend der Berliner Vertreter Gabler verdient gemacht hatte, der nicht nur alle Minen springen ließ, sondern auch wie ein Wortesprudel den Ansager machte, durch einen von SA-Mann Decker vorgetragenen Prolog. Im weiteren Verlauf wurden
Begrüßungstelegramme
des Reichswirtschaftsministers Dr. Schmitt, des rhein-mainischen Wirtschaftsführers Dr. Luer, der Bücking des Gießener Zweiges, von Geheimrat Ramdohr-Wiesbaden, sowie ein persönliches Schreiben des Präsidenten des Reichsstandes der deutschen Industrie,
Dr. Krupp von Bohlen und Halbach
vorgelesen, der der Firma und ihrer Gefolgschaft im eigenen Namen sowie im Namen des Reichsstandes der deutschen Industrie die herzlichsten Glückwünsche übermittelte und vor allem wünscht, dass der Firma auch weiterhin die Wirksamkeit beschieden sein möge, die ihrer alten Tradition entspricht. Inzwischen ist auch ein Schreiben von dem Adjutanten des Herrn Reichskanzlers, Pg. Brückner, eingegangen, in dem er dem Hause Bücking die
Glückwünsche des Reichskanzlers
übermittelt. Als der Seniorchef Georg Dietrich Bücking hierauf den Arbeitsjubilaren sein Selbstbildnis mit einem Sparkassenbuch überreichte und ihnen für ihre Treue, Anhänglichkeit und Mitarbeit die Hände schüttelte, liefen selbst einigen der geladenen Gäste die Tränen über die Backen. Herrn Bücking selbst ergriff dieser seltene Moment so stark, dass er sich auch hier wieder mit seinem originellen Wesen und gesunden Humor aus der Verlegenheit helfen musste, was ihm treffend gelang. Die Sparkassenbücher enthielten Beträge über 200 Mk. für mehr als 25-, solche von 150 Mk. für mehr als 20-, je 100 Mk. für mehr als 15-, und schließlich 50 Mk. für mehr als 10-jährige ununterbrochene Tätigkeit. Ausgezeichnet wurden insgesamt 48 Jubilare für über 10- bis 28-jährige Tätigkeit.
Bei der Ehrung der Jubilare wurden den Näherinnen Marie Schmehl, Elise Sippel und Herrn Emil Klöpper durch Herrn Prokurist Reul im Auftrage der Belegschaft Geschenke überreicht. Gleichzeitig dankte Herr Prokurist Reul auch Herrn Bücking im Namen der Gefolgschaft für die von ihm unter dem Namen „Georg Dietrich Bücking-Stiftung“ ins Leben gerufene Pensionskasse und die den 48 Jubilaren der Arbeit übermittelten Sparbücher.
Ferner hatten an der Ausgestaltung des Unterhaltungsprogramms noch wesentlichen Anteil die Alsfelder Trompeter-Kameradschaft, die mit ihren schneidig gespielten Märschen stürmischen Beifall fand. Auch die Hauskapelle verdient Dank und Anerkennung für ihr hervorragendes Spiel. Darüber hinaus soll aber auch all der anderen Mitwirkenden gedacht werden, ganz besonders auch derer, deren Programmnummer infolge unvorhergesehener Umstände nicht mehr durchgeführt werden konnte, denn alle haben ihr bestes Können und ihren Stolz darangesetzt, den Abend so schön zu gestalten, dass er allen ewig in angenehmer Erinnerung bleiben sollte. Dass dies restlos gelungen ist, das beweist der harmonische Verlauf des Abends und die festliche Stimmung, die alle Teilnehmer, die Gastgeber sowohl als die Gäste, bis zum Schluss erfüllte und die zugleich von dem ausgezeichneten Verhältnis Zeugnis ablegte, das zwischen der Familie Bücking und ihren Mitarbeitern besteht. Das geht z.B. auch daraus hervor, dass Herr Hans Jakob Bücking mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit für den am Jubiläumstag geborenen Sohn des schon 23 Jahre im Dienste der Familie Bücking stehenden Angestellten, Herrn Wilhelm Quäl, die Patenschaft übernahm.
Zum guten Gelingen des Abends trug auch eine Gruppe Schwälmer Mädels und Burschen in ihrer bunten Tracht bei, die für ihre heimischen Tänze reichen Beifall ernteten.
Die Firma Bücking bewirtete die vielen Hundert Mitarbeiter sehr reichlich und die schönen Stunden im Kreise der Familie werden manchen der Werksangehörigen nicht nur in bester Erinnerung bleiben, sondern ihn auch anregen und aufmuntern, wie bisher die Pflicht an dem Platz zu erfüllen, auf den ihn das Schicksal gestellt hat und den restlos auszufüllen eine Forderung des Deutschlands Adolf Hitlers ist.
Mögen die Anerkennungen und Beweise der Verbundenheit dem Hause Bücking nicht nur Befriedigung für die getane Arbeit sein, sondern durch weitschauende, aufbauende Arbeit seinen Ruhm als „königliche Kaufleute“, die ihre ganze Kraft dem Dienste des deutschen Volkes widmen und ihre Sache aus Gott gestellt haben, festigen und mehren.
Erstveröffentlichung:
Oberhessischen Zeitung vom 09.06.1934 (Sonderdruck)
[Stand: 26.06.2024]