Von Dr. Karl Völsing, Alsfeld (1942)
Alsfeld, den 16.03.1942
Ungefähr seit dem 10.01.1942 setzte ein stetig zunehmender strenger Frost ein. Das Thermometer zeigte an manchen Morgen, so z.B. am 22. und 23.01.1942 -26° Celsius und -24° Celsius Kälte (am Karosseriewerk Ernst Hartmann in der Hersfelder Straße). Dabei lag kein Schnee. In der Nacht von 24. auf 25.01.1942 trat ein starker Schneefall ein, sodass der Schnee in der Stadt Alsfeld 30-40 cm hoch lag. Die Eisenbahnzüge hatten am 25.01.1942 stundenlange Verspätungen. Am Abend des 26.01.1942 setzte ein heftiger Schneesturm mit eisigem Ostwind ein. In der Nacht vom 26. auf 27.01.1942 Januar fiel das Thermometer auf -28° Celsius. Auf der Stadtbleiche waren es sogar -30° Celsius. Es war bisher die kälteste Nacht in diesem Winter. Wiederholt schneite es noch, sodass hoher Schnee liegt. Viele Wasserleitungen sind eingefroren. Am 28.01.1942 stieg aber die Temperatur verhältnismäßig schnell an und am Morgen des 29.01.1942 waren es bereits wieder 0° Celsius.
In der Nacht war aber bei Westwind wieder erheblich viel Schnee gefallen. Am 29.01.1942 trat bei 3° Celsius Wärme Tauwetter ein und die Schneemassen in der Stadt waren, so erheblich, dass die Stadtverwaltung genötigt war, die gesamte Bevölkerung zur Mithilfe an der Beseitigung der Schneemassen aufzufordern. 20 Fuhrwerksbesitzer wurden zu den Fuhrleistungen aufgefordert.
Bald setzte aber wieder erneuter strenger Frost ein und manchmal gab es wieder Kälte bis zu -12° Celsius. Zwischendurch fiel reichlich Schnee. In der Nacht vom 12.-13.02.1942 herrschte bei heftigem Weststurm und bei 1° Celsius ein starker Schneesturm, sodass morgens die Züge auf der Strecke Gießen-Fulda zwischen Zell und Alsfeld stecken blieben. Auf Anordnung des Landrats mussten die Behörden heute zum Schneeschippen stellen, um die Eisenbahnschienen frei zu machen.
Die Stadtverwaltung stellte drei Mann zur Verfügung zu Schneeräumungsarbeiten am Leuseler Bahnübergang. Mittlerweile schneite es wieder weiter, sodass sich große Schneemassen aufhäuften, sowohl in der Stadt als auch auf den Zufahrtsstraßen nach der Stadt. Es wurden deshalb erneut die Bewohner der Stadt Alsfeld aufgefordert zur Reinigung der Bürgersteige und Aufsetzung der Schneemassen auf der Fahrbahn.
Am Sonnabend, dem 14.02.1942, wurde wieder eine große Schneebeseitigung in der Stadt unter Einsatz des Jungvolks und der Hitler-Jugend vorgenommen wobei die Fuhrwerksbesitzer wieder im Wege der Notdienstverpflichtung den Schnee abfahren mussten. Auch die städtische Zugmaschine mit ihrem Anhänger arbeitete nachmittags mit. Inzwischen hatte die Molkerei Alsfeld gemeldet, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Milch im Absatzgebiet der Molkerei gefährdet sei, da die Zufahrtsstraßen infolge Schneeverwehungen für allen Fahrverkehr, insbesondere für die Milchfuhrwerke, unpassierbar seien. Daraufhin wurde an die gesamte Bevölkerung ein dringender Appell erlassen, am Sonntag, den 15.02.1942, vormittags 9 Uhr auf dem Marktplatz mit Schaufel oder Spaten zu erscheinen, um im Wege der Gemeinschaftshilfe die Straßen wieder passierbar zu machen (anliegenden Aufruf).
Es erschienen etwa 250 Volksgenossen, die zur Schneebeseitigung an die Ausgänge der Straßen nach Eifa, Münch-Leusel, Reibertenrod, Romrod und Liederbach eingesetzt wurden und die sonntags über eifrig Schnee schippten. Bis zum Montag waren die Straßen an den besonders unpassierbaren Stellen wieder für den Verkehr notdürftig frei gemacht worden. Der Frost hielt den ganzen Februar an. Erst am 26.02.1942 trat Tauwetter ein. Am 05.03.1942 gab es ganz plötzlich wieder einen starken Kälterückfall mit viel Schnee; am 6. März -8° Celsius, am 12.03.1942 -10° Celsius. Die Schneedecke blieb bis zum 15.03.1942 liegen.
Erstveröffentlichung:
Karl Dotter, Dr. Karl Völsing, Julius Hch. Waldeck: Kriegs-Chronik 1939. (Alsfelder Kriegschronik 1939-1945), am 01.09.1939 begonnen und geführt von Karl Dotter, Oberreallehrer, Stadtarchivar. Nach dessen Tod am 17.09.1940 fortgeführt von Bürgermeister Dr. Karl Völsing. Ab dem 24.03.1945 wurde Julius Hch. Waldeck, Mitbegründer des Geschichts- und Altertumsvereins von 1897, mit der Weiterführung der Chronik durch den Bürgermeister Dr. Völsing beauftragt, und die Fortführung durch die Bürgermeister Rosenkranz und Staab verfügt. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, HStAD O 72, Nr. 215, 1948.
[Stand: 19.06.2024]