Zur Baugeschichte der Walpurgiskirche in Alsfeld

Von Karl Dotter, Alsfeld (1931)

In Nr. 3 der ersten Reihe unserer Mitteilungen vom Jahre 1902 hat Paul Frankl eine lehrreiche Abhandlung zur Baugeschichte der Walpurgiskirche geschrieben. Spätere Kunsthistoriker und Architekten haben der geschichtlichen Entwicklung der Kirche ihre Aufmerksamkeit gewidmet und wertvolle Beiträge dazu geliefert. Von besonderem Werte sind die von Baurat Friedrich Kuhlmann und Werner Meyer-Barkhausen gelieferten Studienergebnisse.

Dass die Walpurgiskirche nicht in einem Zuge entstanden ist, sondern sich von der ursprünglichen Basilika zu ihrer heutigen Gestalt entwickelt hat, wird auch dem flüchtigen Beschauer klar. Während der älteste Teil, das Mittelschiff, im 13. Jahrhundert (um 1240) entstanden ist, wurde der überhöhte Chor im Jahre 1393 erbaut. Die beiden ungleichen Seitenschiffe werden wohl im 15. Jahrhundert auf die Höhe des Mittelschiffes gebracht worden sein (1472). Die Seitenschiffwände mit ihren ursprünglich ganz niederen Bogendurchgängen wurden in späterer Zeit verändert. Wann dies geschehen ist, war seither unbekannt. Ein Eintrag in den Alsfelder Ratsprotokollen gibt uns darüber genaue Auskunft.

In den Jahren 1722 und 1723 fand eine gründliche Renovierung der Walpurgiskirche statt. [01] Die Anregung dazu mag von dem Superintendenten des Gießener Bezirkes, Johann Gottfried Schupart, erfolgt sein. Das Ratsprotokoll vom 19. Oktober 1723 berichtet darüber folgendes: „Als bey letzterer Kirchenvisitation Ihro Hochwürden Herr Superintendent Schupart für gut befunden, dass H. Baumeister Müller zu Gießen wegen Abbrechung derer in der alten Kirchen sich befindlichen Bogen consuliret werden möchte, ob die intendirte Abbrechung dererselben Gefährlichkeit nach sich ziehen dörfte, so wurde selbiger, nachdem er sich in hiesiger Nachbarschaft im Jägertal bey Romrod, befunden, anhero beschrieben, welcher auch erschienen, der Sach Notdurft in Augenschein genommen und dabei so vieles erkannt, dass durch die vorhabende Abbrechung derer Bögen der Kirche nicht der geringste Schaden geschehen, sondern ohne alle Gefahr verrichtet, auch der erste Bogen, unter welchem die Herren des Rats in ihren Kirchenstand herkriechen müssen, annoch diesen Herbst, wann die Beförderung beyhanden, weggeschaffet, auch die Sache annoch vor Winter in Ordnung desfals wieder gebracht werden könte.“ –

Das Gutachten des Baumeisters, Hauptmann-Ingenieur Müller zu Gießen, liegt den Bauakten der Walpurgiskirche bei. Die Arbeiten bei der ganzen Kirchenrenovation wurden Alsfelder Handwerkern übertragen. Der Maurermeister Johann Dietrich Fratzel erhielt 159 fl., um „die Kirche inwendig mit neuen Blatten zu belegen und die alten zu renovieren, wie auch den neuen Bogen zu machen, sodann 2 steinerne Treppen und anderes zu machen.“ Johannes Koch bekam 133 fl. für Zimmermannsarbeit. Der Schreiner Johannes Schleuning erhielt 103 fl. und der Schreiner Daniel Walk 46 fl. Die Weißbinderarbeiten in der Kirche wurden von den Meistern Kaspar Meißner und Hoffmann für 130 fl. ausgeführt. 10 fl. wurden Meister Fratzel noch ausgezahlt, um die beiden Epitaphien abzunehmen und wieder aufzurichten. Die gesamten Unkosten der Kirchenrenovation beliefen sich auf 969 fl. Pfennig. Hierzu bezahlten die Stadt und der Kasten je die Hälfte. Die Einnahmen in Höhe von 1002 fl. 14 alb. 6 Pfennig wurden aus den Feuerschillingen, den Baurezessen, den Kastenrezessen, aus dem Kirchenbauregister, von verkauften Kirchenständen und Kollektengeldern bestritten. Die Rechnungsführung über den Kirchenbau lag in den Händen des Bürgermeisters Henrich Kleeberger. Für seine Mühewaltung wurden ihm 12 fl. bezahlt.

Anmerkung:

[01 ] Eine eingehende Reparatur der alten Orgel und ihre Aufstellung im Chor war schon in den Jahren 1720/1721 erfolgt. Vgl. Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 2. Reihe, Nr. 12, 1910, S. 222 f.

Erstveröffentlichung:

Karl Dotter, Zur Baugeschichte der Walpurgiskirche in Alsfeld, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 6. Reihe, Nr. 16, 1931, S. 133-134.

[Stand: 17.04.2024]