Erhängen, Rädern, Vierteilen
Von Scharfrichtern, Schindern und Wasenmeistern

Von Adelheid Rehbaum (1998)

Im 18. Jahrhundert gab es kaum einen Menschen, der nicht mindestens einmal in seinem Leben eine Hinrichtung miterlebt hatte [01]. Hinrichtungen waren Volksfeste, zu denen man Kind und Kegel mitnahm und mitunter von der Stadt extra Zuschauertribünen errichtet wurden. Man beurteilte die Geschicklichkeit des Henkers und nahm zu anderen Zeiten vielleicht auch seine besonderen Dienste in Anspruch. Nach einer misslungenen Hinrichtung (wenn er zum Beispiel zum Köpfen mehrere Hiebe brauchte) bestand für den Henker die Gefahr, vom Publikum gelyncht zu werden. Das Todesurteil bedeutete für den schuldig Gesprochenen den endgültigen Ausschluss aus der Gemeinschaft, und deshalb musste diese als Zeuge dabei sein.

Scharfrichter (auch Nachrichter genannt) und Wasenmeister (Abdecker oder Schinder) gehörten zu den sogenannten unehrlichen Berufen der frühneuzeitlichen Ständegesellschaft. In der Literatur, vor allem auch der Belletristik des 19. Jahrhunderts, werden dieser Gruppe verschiedene Diskriminierungen zugeschrieben [02], die sich nach neuester Forschung nicht für überall und in gleichem Maße bestätigen lassen [03]: Scharfrichter waren keineswegs vogelfrei [04], sie wurden als Zeugen vor Gericht akzeptiert, der tägliche Umgang mit ihnen war keinen besonderen Regeln unterworfen, und die Sakramente wurden ihnen nicht verweigert. Trotz aller Bemühungen blieben Kleiderordnungen im großen und ganzen wirkungslos [05].

Scharfrichter, aus Graf zu Solms
„Kriegsbeschreibung“, 16. Jahrhundert
Foto: Adelheid Rehbaum

Auch die bekannte Abbildung des Solmser Scharfrichters zeigt einen reichen Mann. Von ihrer Kleidung, der Wohnungsausstattung und ihrem Umgang her gehörten sie zu den gehobenen Kreisen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Scharfrichter erscheinen auf Abbildungen im Habitus des besitzenden Bürgertums. Ihr Arbeitsethos glich dem der ehrbaren Handwerker. Es war ganz natürlich, dass Kinder von Scharfrichtern einander heirateten, innerhalb der Handwerkszünfte war das Heiratsverhalten nicht anders. Es war ihnen nicht untersagt, außerhalb ihrer Kreise zu ehelichen, wie zum Beispiel 1723 die Tochter des Schuldieners in Großen-Buseck. Ein Scharfrichter ohne Sohn hatte das Interesse, einen Schwiegersohn zu bekommen, der das Geschäft übernehmen konnte“. [06]

Das Haus des Scharfrichters in Grünberg
Foto: Adelheid Rehbaum

Der Scharfrichter war nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, nur Ehrenämter waren ihm verwehrt, und für den Nachfahren eines Scharfrichters war es schwer, einen sogenannten „ehrlichen“ Beruf zu erlernen und auszuüben. Sie mussten auch nicht außerhalb der Stadt wohnen. Im Gegenteil, in Grünberg zum Beispiel wohnte er in der Nähe des Hospitals am alten Friedhof in einer Dienstwohnung (unter alten Grünbergern noch als Schenckehäusche bekannt) im Schenckegässche [07], so im Volksmund genannt, da die letzte Henkersfamilie Schencke hieß. Zwischen 1820 und 1830 wurde das Haus Privatbesitz des Henkers, der in Grünberg auch das Amt des Abdeckers versah. Der letzte – Frank Schencke (1856-1943) – war Kreisveterinär des Kreises Grünberg. Im Gegensatz zu den Handwerkern hatten die Scharfrichter meist eine Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz. Bei den Schenckes lag die Wasenmeisterei gegenüber in einem großen Gebäude, das damals den weiteren Verlauf der Gasse unterbrach und heute abgerissen und überbaut ist.

Auch die Taufe und ehelicher Segen wurden ihnen nicht verwehrt, könnte sonst der Grünberger Scharfrichter Johann Jacob North nach 1723 Pate der Kinder des Großen-Busecker Henkers sein [08]? In manchen Regionen waren die Abdecker den Scharfrichtern unterstellt. Da die Abdeckerei mit viel Gestank einherging, lag diese oft am Ortsrand. Der Gestank kam von der Weiterverarbeitung von verendetem oder versehentlich getötetem Vieh, der Produktion von Rohhäuten, Pferdehaar, Talg, Horn und Leim – ein nahezu perfektes Recycling. Die Nutzungsrechte eines toten Haustiers gingen automatisch auf den Abdecker über. Gab es eine Hierarchie, dann stand der Abdecker als Ungelernter gesellschaftlich unter dem Scharfrichter, während letzterer ein Ausbildungsberuf war [09]. Das Köpfen übte man mit Schweinen [10].

Plan von Grünberg (aus Walbe, Die Kunstdenkmäler
in Hessen). Der Pfeil markiert die Dienstwohnung
des Scharfrichters. Foto: Adelheid Rehbaum

Das frühere Recht strebte nicht die Besserung des Delinquenten an, sondern durch körperliche Bestrafung sollte das Recht wieder hergestellt werden. Die grausamen Strafen entstanden nicht aus spontaner Aggression, sondern unterlagen einem festen Ritual. Wenn dieses Ritual nicht seinen gewohnten Verlauf nahm, dann konnte das Volk eingreifen [11]. Die Hinrichtung entwickelte sich im Laufe der Zeit von einem Akt der Wiederherstellung der Ordnung, einem Akt der Reinigung, zu einer Abschreckung und schließlich moralischen Belehrung [12].

Daneben spielte sie natürlich eine Rolle als Mittel der Machtdemonstration der Obrigkeit. Im 17. Jahrhundert wurden Folter und Hinrichtung oft in willkürlicher Form eingesetzt.

Abbildung einer Folterung im 17. Jahrhundert
Foto: Adelheid Rehbaum

Das Verhör fand in einer Stube des Rathauses statt. Nur die letzte Befragung vor der Hinrichtung war öffentlich. Der Gerichtssitz war im Ort, so in Münzenberg vor dem Rathaus, in Bingenheim bei der Kirche unter der Gerichtslinde. Besondere Folterkammern besaßen nur die wenigsten Orte. Meist wurde der Scharfrichter während des Verhörs „hereingerufen“, um seine Arbeit zu erledigen, oder die Gefangene wurde zur Wachtstube gebracht. Die Folter war nicht öffentlich. In seltenen Fällen war ein Ankläger dabei. Gerichte konnten gegen renitente Scharfrichter vorgehen, die sich weigerten, so hart zu foltern, wie es nach Meinung ihrer Vorgesetzten richtig war [13]. Meistens ging es um die Abwendung besonders unehrenhafter Strafen. Ein Selbstmord gefährdete das Ritual. Es war nötig, dass der Verurteilte sein Urteil auch akzeptierte. Erst dann konnte es vollstreckt werden. Die Hinrichtung sah man als Läuterung an, als Wiederherstellung der gottgewollten Ordnung, welche bei Umgehung oder Nicht-Erfüllung Unglück nach sich ziehen konnte. Um das zu verhindern, musste der Verurteilte so günstig wie möglich gestimmt werden.

Schon 1494 berichtet der Nachrichter von Wetzlar, Diewolt Hartman von Miltenberg, welche Vorarbeiten zu erledigen waren, wenn ein Delinquent besonders unter Hexereiverdacht eingeliefert wurde: es waren die Augen zu verbinden, bei der Verhaftung wurde geknebelt, nach Ankunft im Gefängnis wurde der Angeklagte komplett geschoren und bekam ein neues Hemd, das geweiht war, die Füße wurden in Weihwasser gewaschen, sämtliche Nahrung wurde mit Weihwasser und geweihtem Salz zubereitet und das Trinkwasser mit Weihwasser gemischt [14]. Zu Beginn der Folter stand ein Gebet: „Erhöre uns, gerechter und frommer Gott, erhöre uns und schaffe Recht um Deines Namens willen.“ Als erster Foltergrad galt schon das Zeigen und Erklären der Folterwerkzeuge.

Während zweier Foltertage konsumierten in Lindheim bei Büdingen ein Scharfrichter und drei Gesellen 102 Liter Wein. Geschickte Scharfrichter wurden auch in größerem Umkreis ausgeliehen. So preist Hartlieb die Foltergeschicklichkeit von Meister Hans aus Gießen, der mit Hilfe einer den Verurteilten einzuverleibenden pulverisierten Wurzel auch verstockte Opfer zum Reden bringt und auch von Marburg nach Büdingen empfohlen wurde [15]. In Bingenheim wurde den noch mal Davongekommenen ein Galgen auf die Stirn gebrannt, beide Ohren abgeschnitten und zur Warnung für andere an den Galgen genagelt.

Hingerichtet wurde bei Eigentumsdelikten, Mord, Hexerei, Ketzerei, Falschmünzerei, Sodomie, Bigamie und manchmal sogar bei wiederholtem Ehebruch. Das Hinrichtungsurteil, das ebenso wie die Folter von einer Juristischen Fakultät bestätigt werden musste, konnte verschieden vollzogen werden. In Mittelhessen sind sowohl bei Hexen Lebendverbrennungen, lebendig Begraben, Enthauptung oder Erwürgung und anschließende Verbrennung nachzuweisen. Andere Verbrechen wurden mit Erhängen, Rädern, Vierteilen, mit glühenden Zangenzwicken, Verstümmeln, Brandmarken und so weiter geahndet. In manchen Fällen von Missrichtung, das heißt fehlerhafter Hinrichtung, wenn der Strick riss oder der Henker fehlschlug, erkannte man als Gottesurteil auf Begnadigung. Wenn eine junge Frau für den Verurteilten sprach, um ihn zu heiraten, dann konnte ebenfalls Begnadigung gewährt werden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verzeichnet der Münchner Scharfrichter als Lebensleistung über 350 Hinrichtungen. Im 18. Jahrhundert kam es häufig zum Prozess gegen ganze Räuberbanden von manchmal 14 bis 21 Mitgliedern. Der Scharfrichter von Landshut kam zeitweise der Arbeit nicht nach und hielt sich auf eigene Rechnung eine Aushilfe für leichtere Torturen [16].

Verschiedene Plätze sind uns als Hinrichtungsorte bekannt [17], teils weil heute noch Reste von Galgen dort zu sehen sind, teils weil die Flurnamen Aufschluss darüber geben. Der Galgen war wenigstens in späteren Zeiten außerhalb des Ortes. Innerhalb des Ortes wurde er manchmal nur bei Bedarf errichtet, manchmal war er auch dauerhaft, wie zum Beispiel in Grünberg [18].

Der Hinrichtungsplatz „An Löhbusch“ bei Bingenheim
Foto: Adelheid Rehbaum

So wurden beispielsweise die Hexen von Bingenheim in der Nähe des Gerichtstisches im Ort geköpft und anschließend die Leiche mit der „Ploagschlaf“ auf den Galgenberg geschleift, was als besonders entehrend galt. Die Ratzkatrein von Gambach muß 1718 im Griedeler Wäldchen ihr Leben unter der Aufsicht des Scharfrichters von Lich beschlossen haben. Für eine Lebendverbrennung waren 1705 bestimmte Mengen Brennholz vorgeschrieben, und zwar acht deutsche Klafter Holz und 60 Bund Stroh. Es galt als Gnadenbeweis, wenn vor der Verbrennung geköpft, stranguliert oder ein Pulversack umgehängt wurde. Die Bestrafung des toten Körpers zählte als Strafverschärfung, eine Bestattung in geweihter Erde statt unter dem Galgen als Strafmilderung. Man hatte die Vorstellung, dass die Seele des Gerichteten noch Schmerzen empfinden könnte. Widerrechtliches Abnehmen eines Gehenkten galt als Begünstigung.

Wie lief so ein Hinrichtungstag ab? Laut der Akten zum Prozess der Susanna Edelhäuser von Friedberg [19] verließen Schöffen und Bürgermeister zusammen mit der Angeklagten die Wachtstube, indem sie weiße Stäbe in den Händen hielten. Sie bestiegen Pferde und folgten einer Gruppe Schützen, dem Stadtkapitän, dem Stadtfähnrich und drei Rotten mit Gewehren Bewaffneter mit ihren Wachtmeistern. Hinter diesem Vortrupp ritten drei Bürgermeister, dahinter der Pfarrer und ein Kaplan mit der Verurteilten zu Fuß. Den Abschluss bildeten Wächter, Scharfrichter und sein Gehilfe und drei Wachtmeister mit bewaffneten Rotten. In Friedberg zog der Trupp bis zum Gericht.

Nach dem Abschlagen des Kopfes fragt der Henker mit dem Schwert in der Hand den Stadtschultheißen: „Herr Stadtschultheiß, hab ich recht gerichtet?“ Darauf antwortete der Herr Stadtschultheiß: „Ihr habt gerichtet, wie Urteil und Recht vorschreiben.“ Worauf der Meister sagte: „Nun so dank ich Gott und den rechten Richtern“ und hat darauf den Kopf und den Strunk auf den Scheiterhaufen geworfen und zur Asche und Pulver verbrannt.“ Während die Masse des Volks bis zum Abbrennen des Haufens ausharrte, zogen die Bürgermeister, Stadtschultheißen und zwei Rotten Bürger zurück zum Ort. Jeder Mann der Rotte bekam von der Stadt ein Bier, Fähnrich und Wachtmeister Geld zum Vertrinken.

Da ein Scharfrichter wegen fehlender Zimmermannskenntnisse einen Galgen nicht selbst bauen konnte, mussten möglichst viele Leute mithelfen, damit alle gleich mit diesem unreinen Amt belastet waren. Aus der Rabenau hat sich ein Bericht von 1696 erhalten. Jedes der acht Dörfer musste einen Baumstamm liefern, aus fünf Dörfern mussten die Zimmerleute helfen, und 29 Leineweber waren beim Aufstellen angestellt. Sie streikten, bis sich einer der Junker von Nordeck bereiterklärte ebenfalls mit Hand anzulegen [20]. 1740 wird der Galgen durch einen Neubau aus Stein ersetzt. Der Galgen war andererseits aber auch der Stolz des Gemeinwesens. Nicht umsonst legte man viel Wert auf das Recht des Hochgerichts.

Die Reste des mitunter bis zur Verwesung Aufgehängten wurden unter dem Galgen vergraben.

In Bayern war den Scharfrichtern nach 100 erfolgreichen Hinrichtungen offiziell das Doktern erlaubt, das heißt sie verkauften für Heil- und Magiezwecke das Blut und sonstige Teile der Hingerichteten. [21] Da ein normaler Arzt keinen Zugang zu derartigen Ingredienzen hatte, war ein Henker auch nicht eine direkte Konkurrenz. Das änderte sich erst, als die Ärzte sich als Berufsstand immer mehr monopolisierten. In Bayern praktizierten sowohl Scharfrichter als auch Wasenmeister bis zum Verbot von 1756 legal. Erst ab 1780 spricht man von Pfuschern, wenn man nicht akademisch ausgebildete Heiler meinte. Ähnlich erging es dem Abdecker, der in der frühen Zeit noch die Funktion eines Tierarztes erfüllte und sich besonders auch um Seuchenvieh zu kümmern hatte. Seine Kenntnisse verwertete er auch in seiner Verantwortlichkeit für die herrschaftlichen Hundemeuten, die vom Kadaverfleisch gefüttert wurden. Ab 1650 waren magische Serviceleistungen des Henkers (oder dessen Tochter) auf die Ebene der Wasenmeister abgesunken [22].

Einem Butzbacher Bürger kam es 1652 zu Ohren, dass über seine Frau Hexereigerüchte in Umlauf waren. Er reichte Verleumdungsklage vor dem Schöffengericht ein. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass der Scharfrichter selbst das Gerücht in Umlauf gebracht hatte, um sich durch einen Prozess eine lohnende Beschäftigung zu verschaffen. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts stand dem Henker die Kleidung des Hingerichteten und der Selbstmörder zu, danach gab er sie weiter an die Knechte. Bekam er vorher Stücklohn ausgezahlt, so erhielt er später, als die Zahl der Hinrichtungen kontinuierlich abnahm, ein festes Gehalt, freie Wohnung, Brennholz- und Getreidelieferungen. In Zeiten erhöhter Hinrichtungszahlen konnte er dann allerdings nicht davon profitieren. Nur in Ausnahmefällen ist nachweisbar, dass die Henker sich gezielt bereicherten wie zum Beispiel in Lindheim, wo Georg Ludwig Geis und Andreas Krieger [23] wagenladungsweise den Besitz der Hingerichteten abtransportierten. Unsere Belege zeigen nicht, ob der Nachrichter zum Beispiel alles behalten durfte, was der Verurteilte bei der Verhaftung bei sich trug, wie es in Bayern zumindest bei normalen Verbrechen offenbar der Brauch war [24].

Die Kosten für eine Hinrichtung waren normalerweise durch Gebührenordnungen festgelegt. So bekam der Scharfrichter 5 Gulden, das Honorar für die Untersuchung der Angeklagten nach Teufelsmalen betrug 2 Gulden. Zwölf Beteiligte verzehrten für 36 Albus; 33 Maß Bier zu je 33 Albus wurden konsumiert; der Ausschuss bekommt für 30 Maß Bier 3 Kopfstücke, der Scharfrichter für Essen 2 Kopfstücke. In Echzell kostete eine Hinrichtung mit dem Schwert, das Schleifen des Körpers zum Löwbusch mit Verbrennung 5 Reichstaler und 2 Kopfstücke für Verpflegung. Die Verhöre kosteten 3 Kopfstücke 8 Albus. Aus Butzbach sind die Hinrichtungskosten der Stein Katrein von 1585 erwähnt: „12 Gulden 6 Turnos 17 Pfennig Unkosten des Halsgerichts“.

Der heutige Wert lässt sich nur schwer angeben, da auch hier die örtlichen Unterschiede groß waren und nur wenige Listen überliefert sind. [25] Zwölf Gulden erhält der Scharfrichter zum Bau des Scheiterhaufens für die Ratzkatrein. 1585 kosten die Brötchen für die Zimmerleute des Galgens 9 Pfennige, aber wieviel Brötchen waren das? 1 Maß Wein kostet 2 Batzen, ein halber Liter Wein 1 Gulden 8 Pfennige. 2.000 Reichstaler Kaution will Melchior Hofmann stellen, ein immenses Vermögen? Als Lohn für den Beischlaf mit dem Teufel wird oft 1 Taler genannt. 1643 beträgt der Preis für ein Pferd 20 Reichstaler [26].

In späteren Zeiten gelang es den Scharfrichtern durch Bildung oder Geld, die negativen Folgen der Unehrlichkeit auszugleichen. Die Abdecker dagegen waren unmittelbar von der Kriminalisierung bedroht, da sie auch nach Verschwinden der Unehrlichkeit im 19. Jahrhundert arm und ungebildet in der Unterschicht verblieben und nicht selten mit Wilderei oder Holzdiebstahl über die Runden zu kommen versuchten.

Anmerkungen:

[01] Van Dülmen, Kultur und Alltag in der frühen Neuzeit, München 1992, 481 f. zu den Henkern der Hexenverfolgung: A. Rehbaum-Keller, Sündenbock: Hexe. Ausgrenzung und Vernichtung gestern und heute? Gießen 1994.

[02] W. Danckert, Unehrliche Leute. Die verfemten Berufe. Bern 1979; F. Irsigler und A. Lassotta, Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. Außenseiter in einer mittelalterlichen Stadt, München, 3. Auflage, 1990.

[03] Jutta Nowosadtko, Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier unehrlicher Berufe in der Frühen Neuzeit, Paderborn 1994.

[04] Messerich, Richard: Die levis notae macula der deutschen Scharfrichter, Greifswald 1913, 53f.

[05] L.C. Eisenbart: Kleiderordnungen der deutschen Städte zwischen 1350 und 1700, Göttingen 1962, 48. In der Hälfte des 16 Jahrhunderts entsprach die Kleidung vermutlich den Kriegstrachten der Landsknechte.

[06] Nowosadtko, 1994, 360.

[07] Freundliche Mitteilung von Herrn Rittmannsperger. Am 5. Juli 1692 kaufen sich ein Johannes Weller und seine Frau Anna Margarethe ins Hospital als Pfründner ein (das heißt sie gingen ins Seniorenheim). Dieser Mann, von Beruf Glaser gibt diese Adresse als Wohnsitz an. Offensichtlich ging das Haus damals in städtischen Besitz über, und zwar als (Wasen-)Meisterei. War Herr Weller nebenbei als Wasenmeister tätig? Da für städtische Häuser keine Grundsteuer erhoben wurde, ist es in Verzeichnissen älter als 1740 nicht enthalten. In der Folge scheint das Haus mehrfach von städtischen in privaten Besitz gewechselt zu haben.

[08] A. Rehbaum-Keller 1994, 88; H. Müller, Das Großen-Busecker Familienbuch, 1994.

[09] Nowosadtko, 1994, 195 ff.

[10] Irsigler 1990, 247 f.

[11] Van Dülmen: Volkskultur; Das Schauspiel des Todes, Frankfurt 1984, 205.

[12] W. Oppelt, Über die Unehrlichkeit des Scharfrichters, Würzburg 1976, 255 f.

[13] G. Wilbertz, Scharfrichter und Abdecker im Hochstift Osnabrück. Untersuchungen zur Sozialgeschichte zweier unehrlicher Berufe im nordwestdeutschen Raum vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Osnabrück 1979, 129.

[14] W. Behringer (Herausgeber): Hexen und Hexenprozesse 1988, 109 f.

[15] W. Niess: Hexenprozesse in der Grafschaft Büdingen. Protokolle-Ursachen-Hintergründe, 2. Auflage 1984, 193.

[16] Nowosadtko 1994, 96 f.

[17] Rehbaum-Keller, 1994. 62 f.

[18] GLA Darmstadt.

[19] A. Rehbaum-Keller, 1994, 73 f. Hier auch genaue Transkription der Akte.

[20] GLA Darmstadt E9 konv. 57 fasc, 23.

[21] M. Höfler, Volksmedizin u. Aberglauben in Oberbayerns Gegenwart u. Vergangenheit, München 1888, 62f.

[22] Das konnte sie durchaus selbst in die Schusslinie bringen wie zum Beispiel 1598 in München, als sie zur Strafe mit umgehängten Zauberbüchern öffentlich auf die Schragen gestellt wurden.

[23] K.E. Demandt 1975, 32 ff.

[24] H. Schumann: Der Scharfrichter. Seine Gestalt – seine Funktion, Kempten 1964, 134 ff.

[25] Aus Grünberg kennen wir Preistabellen für Brot auf dem Grünberger Markt von 1581: für 6 Pfennige bekam man 3 Pfund und 30 Lot Abt. XXIII Abschnitt 5E konv. 16 fasc. 13.

[26] H.L. Worm, Aus alten hessischen Chroniken, in: Heimat im Bild, 52. Woche, 1989.

Erstveröffentlichung:

Adelheid Rehbaum, Erhängen, Rädern, Vierteilen. Von Scharfrichtern Schindern und Wasenmeistern, in: Hessische Heimat – Aus Natur und Geschichte, 1998, Heft 7, 28.03.1998, S. 25-27.

[Stand: 03.07.2024]