Von Walter Haupt, Liederbach (2024)
A. Wohnung in Darmstadt
Franz Christian Merck zog nach seiner Heirat mit Johanna Neubauer 1759 nicht in sein Elternhaus, sondern wohnte zur Miete bei Wilhelm Ludwig Hoffmann, Rheinstraße 9 / Luisenplatz. Das zweistöckige Haus war 1696/1697 im Rahmen der Bauten der „neuen Vorstadt“ errichtet worden und enthielt mindestens vier Wohnungen. Am 01.04.1711 verkaufte Landgraf Ludwig das Haus an den Geheimen Rat Maskowsky für 5.000 fl.. Nach dessen Tod ging das Haus 1731 an Wilhelm Ludwig Hoffmann(1689-1762) , der mit Maskowskys Nichte Eleonore Elisabeth verheiratet war. Er hatte in Darmstadt Beamtenkarriere gemacht. Er war nach dem Tod von Herrmann Riedesel sen. in den Geheimen Rat berufen worden, er war in der Geheimen Staatskanzlei als Minister die Nummer drei hinter Matthias von Schwartzenau und Johann Jakob Wieger. Nach dem Tod seiner Frau lebte er mit einer ledigen Tochter in dem stattlichen Haus. Nach dessen Tod erwarb sein Sohn Christoph Ludwig das Haus von sämtlichen Erben für 11.500 fl.. Protegiert von seinem Vater, wurde er 1753 Sekretär in der Geheimen Kanzlei und 1757 Regierungsrat. Er war seit dem 19.10.1747 mit Anna Regina Merck (Schwägerin von Johanna Merck) verheiratet, die ihm neun Kinder gebar. Als diese am 20.10.1759 starb, waren noch zwei Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren am Leben. Vermutlich kümmerte sich Johanna Merck zwei Jahre um die beiden Halbwaisen, bis deren Vater erneut heiratete (Charlotte Voigt, die Tochter von Johann Carl Voigt).
Zentrale Bedeutung für ihr literarisches Schaffen ist ihrem Schwager Carl Heinrich zuzuschreiben, der sich 1764 für kurze Zeit in Darmstadt aufhielt. Über die Familie Hoffmann dürften die Mercks Zugang zu der Führungsschicht Darmstadts gefunden haben. An erster Stelle steht hier das Ehepaar Heinrich Ludwig Carl und Caroline Gebler, das in demselben Haus wohnte. Gebler, der Vizedirektor in Offenbach war, wechselte 1757 als Regierungsrat nach Darmstadt. Dessen Frau, die selbst Kasuallyrik verfasste, war wohl die Freundin, an die Johanna Merck ihre Gedichte richtete. Wichtig waren auch die pietistischen Freunde ihres Vaters, neben dem Geheimen Rat Wieger der Hofkaplan Hector Dietz.
B. Wohnung in Alsfeld
I. Erste Wohnung in der Mainzer Gasse
Am 06.10.1764 wurde Franz Christian Merck zum Amtsphysikus in Alsfeld ernannt. Er zog mit seiner Frau und zwei Kindern im Alter von zwei und fünf Jahren (Ein drittes Kind war wenige Tage vor dem Umzug in Darmstadt verstorben.) nach Alsfeld in die Mainzer Gasse. Das Mercksche Haus gilt als eines der am besten erforschten Häuser Alsfelds. August Pabst, Gewerbelehrer an der Technikerschule, führte diese Untersuchung in den 50er-Jahren durch. Danach ist das Haus um 1400 errichtet worden. Es war ursprünglich auch kein Doppelhaus – wie Architekten vermuteten –, sondern besaß einen durchgehenden Keller. Das Dach stammt aus dem Jahre 1585, das Erdgeschoss ist 1664 umgebaut worden. Die linke Hälfte des Hauses war über drei Jahrhunderte der beliebte Gasthof „Zum Ochsen“. Der erste Besitzer im 16. Jahrhundert war die Familie Artze, dann folgte die Familie Guntrum. Seit der Heirat von Maria Sabina Guntrum (geb. 28.07.1730, gest.30.01.1808) 1753 mit Johann Philipp Knierim (geb. 31.08.1729, gest.10.03.1801) war der Gasthof im Besitz der Familie Knierim. Die zweite größere Hälfte des Hauses wurde seit 1691 bewohnt von Rentmeister Ludwig Reinhardt Langsdorf (1654-1717), dann folgte 1712 sein Schwiegersohn, der Obristlieutnant Ernst von Schmalkalder. Als dessen Sohn Ernst Ludwig Schmalkalder 1741 Sekretär bei der Regierung in Darmstadt wurde, verkaufte man das Haus an Dr. Karl Heinrich Christian Schleiermacher, der seit 1733 in Lauterbach als Arzt praktiziert hatte. Er war der Neffe von Johann Eberhard Schleiermacher, der Alsfeld (wohnhaft in der Rittergasse) 1622 verlassen hatte. Nach 59 Jahren kehrte also die Familie Schleiermacher nach Alsfeld zurück. 1764 wurde Schleiermacher zum Leibmedicus in Darmstadt ernannt. Er bezog im Tausch die Mercksche Wohnung in Darmstadt, während Merck das Alsfelder Haus kaufte, das bereits 1761 für den Vorbesitzer „von allen Lasten befreit“ worden war. Merck verkaufte 1783 das Haus an Ingenieurlieutnant Philipp Jacob Mann. Seit 1836 (nach dem Tode von Mann) war das Haus im Besitz von Zimmermann Georg Eberhard Sondermann (geb. 11.11.1769, Heirat mit Elisabeth Hill 26.12.1799, gest. 24.04.1844).
II. Zweite Wohnung in der Kaplaneigasse
Franz Christian Merck, der am 13.09.1774 Christine Justine Klipstein (geb. 02.03.1746, gest. 21.09.1783) in zweiter Ehe geheiratet hatte, erwarb am 02.09.1782 den Pfaffschen Hof in der Kaplaneigasse von Catharina Elisabeth Seyler (geb. 1716, gest. 08.04.1803), der Witwe des Georg Christoph Seyler, der bereits am 25.04.1745 verstorben war. Frau Seyler war die Patin für Elisabeth Ernestine Merck, die am 26.09.1773 geboren wurde. Das Haus war als Wohnhaus der Burgmannenfamilie Rotsmann ca.1530 gebaut worden. Das Fachwerkhaus war der Nachfolgebau des verfallenen steinernen Burgsitzes, den ihr aus Fulda stammender Ahnherr Cunrad Rotzmaul 1366 erworben hatte. Einer der Nachkommen war Johann Caspar von Rotsmann (geb. ca. 1593, gest. 29.10.1621). Er hatte zusammen mit seinem Bruder Stam die alten Lehen der Familie erhalten. 1595 – nach der Erbteilung mit seine Bruder Stam – war er Inhaber des Burgsitzes von Alsfeld und Burgmann in Alsfeld und Altenburg.1602 heiratete er Anna von Merlau und wurde dadurch Besitzer des Gutes von Halsdorf, das er seit 1605 selbst bewirtschaftete. Nach dessen Tod nahm seine Witwe mit ihren zahlreichen Kindern ihren Wohnsitz in Alsfeld. 1648 erwarb der Sohn Johann Hannibal das Gut Dotzelrod und dürfte in dessen Folge den Wohnsitz in Alsfeld aufgegeben haben. Der Nachbesitzer war Johann Heinrich Pfaff (geb.1626 als Pfarrerssohn in Billertshausen, gest. 07.02.1689), nach dessen Namen fortan das Haus benannt wurde. Dieser war vom 04.01.1653 bis 20.04.1669 Stadtschreiber in Alsfeld und anschließend Forstschreiber des Oberforstes Vogelsberg. Sein Sohn Georg Dietrich Pfaff (geb.15.01.1660, gest.18.10.1708) erbte das Haus, das wahrscheinlich seine Witwe an Georg Christoph Seyler, der 1738 Rentmeister in Alsfeld wurde, verkaufte. Franz Christian Merck verkaufte das Haus am 27.07.1804 an den Alsfelder Textilfabrikanten Berck, nachdem seine Tochter Louise Charlotte Christiane, die Dr. med. Stoll, der am 13.10.1803 in Arnsberg Medizinalrat geworden war, geheiratet hatte, ausgezogen war. Er selbst starb kurze Zeit später am 17.08.1804.
Das Haus war nach dem 1. Weltkrieg im Besitz der Familien Kasper und Hartmann. 1932 war der Eigentümer David Levi (geb.29.12.1865 in Birstein, Besuch der Alsfelder Realschule, Heirat mit Frieda Baruch (geb. 06.08.1878 in Hünfeld). Er war Hersteller von künstlichem Wasser und betrieb ein Wasserhäuschen am Casinoplatz. Dessen Sohn Gabriel (geb. 05.03.1902), der seit dem 02.04.1908 neben seinem jüdischen Geburtsnamen einen zweiten Vornamen, Gustav, führte, verließ Alsfeld und lebte in Berlin.
Überarbeitetes Manuskript (von 1999)
Quellen:
Kirchenbücher von Darmstadt und Alsfeld
Nachlass von August Pabst (geb. 24.03.1894 in Bobenhausen, gest.13.06.1961 in Brixen)
[Stand: 23.06.2024]