Stätte der Rechtsprechung

Von Karl Siegmar Baron von Galéra (1974)

[…] (Auszug)

„Die Stätte der Rechtsprechung, die Dingstätte oder Dingbank, befand sich nach altem Brauch vor dem Tor der Burg. Diese war das Zeichen der königlichen Macht, und das Recht wurde im Namen des Königs gesprochen. Das hier verkündete Urteil war endgültig, und der hier verurteilte Verbrecher wurde unmittelbar nach der Verkündung des Spruches hingerichtet.

Der Strafvollzug fand nicht im Orte statt. Das Hängen, Köpfen, Rädern, Händeabhacken, Zungeherausreißen, Mit-glühenden-Zangen-Reißen usw. fand auf einer Anhöhe etwa tausend Meter nordwestlich vom Ort statt. Die Richtstätten wurden stets auf Anhöhen außerhalb der Ortschaften verlegt, daher spricht man auch von Galgenbergen, Räderbergen, deshalb nannte man das Nachgericht des Henkers das „Hochgericht“. Es lag stets außerhalb der Ortschaft , und das aus verschieden en Gründen. Die Verbrecher waren aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen.

Sie hatten auf ein christliches Begräbnis keinen Anspruch. Auch wollte man nicht durch das Zetermordiogeschrei der Delinquenten die Einwohner auf regen. Ebenfalls sollten nicht die Füchse und die Krähen, die sich bei solchen Gelegenheiten einzufinden pflegten, in den Ort gelockt werden.

Das Alsfelder Hochgericht war das „Hougirgericht“ oder der „Houg“. Ein anderer von Herbert Jäkel mitgeteilt er Name dieser Stätte ist Silberbul; die Deutung ist dunkel, vielleicht handelt es sich um eine Entstellung eines anderen Wortes. Der Verfasser ist allerdings nicht der Meinung, dass auf dieser Höhe das Ding gehalten wurde“, bei Wind und Wetter, in Kälte, Regen und Schnee. Im Spätmittelalter (15. Jahrhundert) konnte das Gericht hier nicht mehr stattfinden. Schon 1365 schenkte der Landgraf das Gelände der Stadt zur Anlage eines Friedhofes, wahrscheinlich für die Pesttoten.

[…]

Erstveröffentlichung:

Karl Siegmar Baron von Galéra, Die Geschichte der Stadt Alsfeld. Von den Anfängen bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges, Eigenverlag der Stadt Alsfeld, Alsfeld 1974, hier: S. 4.

[Stand: 03.07.2024]