150 Jahre Alsfelder Brauerei (1858-2008)

Von Dieter Resch, Alsfeld (2008)

Grußwort

Liebe Freunde der Brauerei Alsfeld AG,

vor 150 Jahren wurde die Brauerei Wallach in Alsfeld gegründet. Seit dieser Zeit gibt es die gute Marke „Alsfelder Bier“. 150 Jahre sind im Spiegel der Zeitgeschichte eine kurze Zeitspanne. Im Leben eines mittelständischen Unternehmens, wie dem der Alsfelder Brauerei, sind 150 Jahre aber eine enorm lange Zeit, die geprägt wurde von unternehmerischem Verantwortungsbewusstsein, Wissen und Können der Mitarbeiter und Kundentreue. Auch eine Zeit, in der die industrielle Revolution mit großem Tempo vorangeschritten ist.

Titelblatt der Jubiläumsbroschüre

Wo wären wir heute ohne Zeitgenossen wie Louis Pasteur, der die Ursachen der Gärung erkannt oder Carl Linde, der die erste Kühlmaschine erfand. Wo, ohne die Forscher und Wissenschaftler der deutschen Universitäten für Brauwissenschaften, die durch die Ausbildung ihrer internationalen Studentenschaft den Ruf des deutschen Biers in alle Welt getragen haben.

Sicher ist viel geschehen in der letzten 150 Jahren. Dennoch sollten wir uns darauf besinnen, allen Verantwortlichen der letzten 15 Jahrzehnte (Firmeninhabern, Vorständen, Aufsichtsgremien sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) an einem solchen Jubiläumstag unseren herzlichen Dank auszusprechen.

Zuallererst denen, die, in welcher Funktion auch immer, sich für den Erfolg der Alsfelder Brauerei verdient gemacht haben. Hierbei sei ausdrücklich die Gründerfamilie Wallach erwähnt, die während des zweiten Weltkrieges das Unternehmen veräußern musste. Auch für die Zeit danach verdient die Genossenschaft, die sich aus dem Nachlass der Wallachs gründete, viel Lob und Anerkennung. Nicht zuletzt muss die Firma Rhön-Sprudel aus Weyhers erwähnt werden, die 1993, während einer ökonomisch schwierigen Phase, die Brauerei übernommen hat. Vorstand und Betriebsrat möchten sich an dieser Stelle ausdrücklich für dieses, nicht immer leichte Engagement bedanken.

Abschließend jedoch muss die wichtigste Gruppe aller Beteiligten Erwähnung finden, unsere Kunden und Freunde. Sie sind nicht zuletzt Garant dafür, dass wir heute Geburtstag feiern können. Menschen und Familien, mit denen zum Teil mehr als eine hundertjährige Partnerschaft besteht. Kunden, die unser Unternehmen nie im Stich gelassen haben, auch einmal auf den ein oder anderen ökonomischen Vorteil verzichten mussten. Wegbegleiter, die in den 150 Jahren Garant dafür waren, dass viele Familien durch einen Arbeitsplatz in der Brauerei ihre finanzielle Lebensgrundlage fanden. Liebe Freunde des Alsfelder Bieres. Wir hoffen, dass wir auch in Zukunft für sie Bier brauen dürfen, und dass der eine oder andere sogar Stolz darauf sein kann, wenn er sagt:

„Wir haben noch eine eigene Brauerei“

Ein herzliches Dankeschön für all die Jahre der Treue und Verbundenheit.
Ihr Dieter Resch
Brauereidirektor

Einleitung

In den grünen Ausläufern des Vogelsberges liegt die kleine Stadt Alsfeld mit ihrem malerischen mittelalterlichen Stadtkern. Hier werden seit 1858 Bierspezialitäten gebraut. Streng nach dem Reinheitsgebot von 1516, das so alt ist wie das Alsfelder Rathaus, das seine Etiketten schmückt.

Auf die altüberlieferten Brautraditionen, die auch heute noch gepflegt werden, ist die Brauerei Alsfeld besonders stolz. Ihre Spezialitäten, die sie in edler Ausstattung präsentiert, werden dem anspruchsvollen Bierkenner und Genießer von heute gerecht und sind in der Region sehr begehrt.

Die Region liebt ihr Bier – und das Bier seine Region. Als kleine, heimatverbundene Privatbrauerei ist die Brauerei Alsfeld immer mitten drin im Geschehen vor Ort und nah an den Menschen mit ihren Wünschen und Erwartungen. Gerade deshalb ist sie oft sogar ein bisschen schneller als die großen, überregionalen Wettbewerber, wenn es um die Verwirklichung neuer Trends geht. Innovationen sind hier immer ein ganz besonderer Genuss.

Fest verwurzelt in ihrer Stadt und der Region um den Vogelsberg ist die Brauerei Alsfeld für alle ein verlässlicher Partner: Die eigenen Mitarbeiter, die Gastronomie, den Getränkehandel und für alle Verbraucher.

Mit diesem Begleitheft zum 150-jährigen Jubiläum der Brauerei Alsfeld wollen wir Ihnen einen Einblick in die Historie der Braukunst in Alsfeld gewähren. Wir wollen Ihnen die Entwicklung der hiesigen Brauerei in Grundzügen von den Anfängen bis zur Gegenwart nahebringen.

Chronik

Gebraut wird in Alsfeld schon seit dem Jahre 1414, dies bestätigen Dokumente des Alsfelder Stadtarchivs, in welchen Landgraf Ludwig der Friedsame von Hessen den Rat der Stadt anwies, „nach pflichtgemäßer Erwägung des gemeinsamen Besten jährlich zu bestimmen, wie viel ein jeder Bürger für das Jahr brauen solle und nicht mehr, einem so gleich als dem anderen.“ Dem Beschluss des Landgrafen gingen Streitigkeiten zwischen dem Bürgertum, der Obrigkeit und der Geistlichkeit über die Benutzung des städtischen Brauhauses voraus.

Das „gemeinsame Beste“, das Ludwig der Friedsame verordnete, sah für die Alsfelder folgendermaßen aus: „Wer brauen will, hat für das Jahr zu einem halben Gebräu 32 Maß Malz und 5 Malter Hopfen, vom geschworenen Fruchtwasser mit dem Stadtmaß gemessen, an das Brauhaus abzuliefern. Der vereidigte Braumeister darf dem einen nicht mehr und nicht weniger brauen, als dem anderen.“

Das Schankrecht wurde wie das Braurecht per Ratsdekret geregelt und schrieb 1527 Folgendes vor: „Gleichzeitig darf nur an vier Orten der Stadt, und zwar immer nur mit einem von der Stadt hierzu verfolgten und gestempelten Maße, verzapft werden. Ist das Bier an einem Ort zu Ende, so trägt der Stadtknecht gegen eine Gebühr das Maß zu demjenigen weiter, der das älteste Bier hat.“

Urkundlich genannt werden auch die Errichtung des großen Brauhauses von 1833 und der Neubau von 1875, welcher am selbigen Orte hochgezogen wurde und bis 1850 als Braustätte diente. Die Verordnung über das „gemeinsame Beste“ des Landgrafen Ludwig des Friedsamen wurde 1878 durch das Braulos abgelöst. Dieses Braulos entschied über die Reihenfolge des Brauens und war kombiniert mit besonderen Privilegien des Amtmanns, des Schultheißen, des Rates und der Geistlichkeit. Diesen war es gestattet, bei vorheriger Anmeldung, sich über die Reihenfolge hinwegzusetzen und nach Bedarf im städtischen Brauhaus zu brauen.

Das 17. Jahrhundert wurde überschattet vom Dreißigjährigen Krieg und verschonte auch Alsfeld nicht, sondern überzog die Stadt mit Plünderungen, Pest und Hunger. Alsfeld verarmte und verschuldete sich, die Einwohnerzahl ging zurück. Nach dem Krieg erneuerte Landgraf Georg II. 1650 das Privileg des Brauens, was bis zum Jahre 1680 als „Alsfelder Bierkrieg“ in die Geschichte einging. Der Verkauf des Bieres war in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine wichtige Einnahmequelle. Daher ist nicht verwunderlich, dass die obere Gesellschaftsschicht ihre Privilegien so gut wie möglich ausschöpfte. Dies brachte die Bürgerschaft um ihr „Braulos“ und dem Landesherren eine Beschwerde ein. Sie erreichten zwar den Bau eines zweiten Brauhauses aber die Vorrechte der Oberschicht vermochten sie nicht zu erschüttern.

Durch die Einführung der Tranksteuerverordnung von 1809, als Folge der in Mode gekommen Getränke wie Tee, Kaffee und Branntwein, wurde die Stadt ihres Brauprivilegs beraubt. Somit machten 1840 nur noch fünf Bürger, allesamt Bäcker, von ihrem Braurecht Gebrauch.

Nachdem die Stadt Alsfeld ihr Brauhaus und ihr Braumonopol aufgegeben hatte, erwarb Leopold Wallach von der Bäckerzunft den Braubetrieb am Lieden und den in den am Frauenberg liegenden Felsenkeller. Somit war die Gründung der Brauerei 1858 vollzogen.

Bis ins 20. Jahrhundert stieg das Wachstum stets und die Jahresleistung nahm auf ca. 10.000 Hektoliter Bier zu. Durch das stetige Ansteigen wurden die Anlagen zu klein und veralteten, des Weiteren wurde das Brauereigelände für den Ausbau der Bahnlinie benötigt.

1904 entschloss man sich zum Neubau der Brauerei und Mälzerei am heutigen Standort in der Grünbergerstraße in Alsfeld. Aufgrund der Kriegseinwirkungen in den Jahren 1914 bis 1918 ging die Produktion zurück und die Mälzerei wurde nach dem Entzug des Mälzungs-Kontingentes durch den Staat aufgegeben.

Nach den überstandenen Kriegswirren konnte der Absatz bis ins Jahr 1935 stetig gesteigert erden und die Entwicklung verlief günstig. Außerdem konnte der Kundenkreis ausgebaut werden und die technische Einrichtung wurde modernisiert.

Infolge der politischen Ereignisse wurde die von Karl Wallach geführte Brauerei noch im selben Jahr an die neu gegründete Genossenschaft übergeben. Geschäftsführer wurde Direktor Otto Freundlieb.

Bis 1939 konnte die Genossenschaft ihren Absatz steigern, doch bis 1945 musste die Brauerei erneut vielfältige Rückschläge durch den Zweiten Weltkrieg einstecken. Durch zweimalige Bombardierung im Februar und März wurden die Gebäude und die Maschinen schwer beschädigt und die Produktion kam zeitweise zum Erliegen.

Doch noch im Oktober des gleichen Jahres begann der Wiederaufbau und die Belieferung des Kundenkreises mit Dünnbier konnte wieder aufgenommen werden. Durch die Wiederzulassung des Vollbiers und des allgemeinen wirtschaftlichen Aufstiegs konnte der Ausstoß wieder gesteigert werden.

Direktor Richard Stier trat 1956 in die Brauerei ein und übernahm die Geschäftsführung, und zwei Jahre später – im Jahr 1956 begann Diplom-Brauerei-Ingenieur Wieland Gläsel seine Tätigkeit als Braumeister. 1958/1959 wurden das Verwaltungsgebäude, der Gärkeller und das Silogebäude neu gebaut.

1960/1961 errichtete man das brauereieigene Gaststättenanwesen „Rodenberg-Gaststätte“ im Alsfelder Neubaugebiet, außerdem begann der Ausbau und die Belegung des Lagerkellers mit Aluminiumtanks.

Direktor Hans Zeitler übernahm 1962 die Geschäftsführung. 1965 bis 1968 fielen umfangreiche Renovierungsmaßnahmen und Neubauten an, diese betrafen das Kesselhaus, das Sudhaus, den Flaschenkeller mit Stapelhalle und den Einbau einer teilautomatischen Steuerung.

Gegen Ende der 1960er- und zu Beginn der 1970er-Jahre übernahm die Brauerei mehrere Alsfelder Getränkevertriebe und baute einen Getränkehandel mit der Erweiterung des Sortiments auf. In den folgenden Jahren wurde der Bier-Absatz wieder kontinuierlich gesteigert.

Die 70er-Jahre standen erneut im Zeichen der Technisierung und des Umbaus; 1972 wurden das Verwaltungsgebäude und die Sozialräume ausgebaut, 1975 wurde im Kesselhaus auf Ferngas und Vollautomatik umgestellt, 1978 die Anschaffung eines neuen IBM-Computers mit der Erstellung eines hauseigenen Abrechnungsprogrammes.

1979 wurde die neue Spitzenbiersorte „Alsfelder Rathaus-Pilsner“ vorgestellt. Zu Beginn der 1980er-Jahre stellte man auch in der Würzekühlung und der Maischebereitung im Sudhaus auf Vollautomatik um. 1982 wurde das „Alsfelder Pils“ mit dem Großen Preis des DLG ausgezeichnet.

Braumeister Josef Lichter übernahm zu Beginn des Jahres 1987 die Produktion und Technik der Brauerei. Im Sudhaus wurde eine Steuerung weiterentwickelt, die eine automatische Würzebereitung ermöglicht.

In der Energieversorgung nahm man den alten Schornstein außer Betrieb und ersetzte ihn durch einen neuen Edelstahlkamin. Die Befeuerung erfolgt seit dieser Zeit ausschließlich mit Erdgas.

Eine gravierende Neuerung Ende der 80er-Jahre ist die Genehmigung und Anerkennung des Alsfelder Brunnenwassers zum „Vogelsberger Mineralwasser“. Damit begannen die Abfüllung des natürlichen Mineralwassers sowie die Produktion verschiedener Limonaden unter dem Namen „VOGELSBERGER“. In der Flaschenabfüllung wurden die Abfüllanlagen durch Mixgeräte und neue Schraubverschließer ergänzt.

1990 wurde eine eigene Kläranlage gebaut. Im Jahre 1991 stellte man die komplette Fassabfüllung von den alten Aluminiumfässern auf Edelstahl-Keg-Fässer um. Dafür musste eine komplett neue Abfüllanlage aufgebaut werden.

1993 wurde die Genossenschaftsbrauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Seitdem ist die Brauerei Alsfeld AG Mitglied der Rhön-Sprudel-Gruppe. Das war der Startschuss zu einer weitreichenden Modernisierung der Brauerei.

Mit der Sprengung des alten Brauereikamins wurde die Neubauphase eingeleitet. Nach nur siebenmonatiger Bauzeit konnte die neue Flaschenabfüllung für 30.000 Flaschen/h im August 1994 in Betrieb gehen. Neben der Abfüllung wurde auch die Bierfiltration mit dazugehörigem Drucktankkeller neu erstellt.

Die Limonadenausmischung wie auch die Reinigungsanlagen für den Produktionsbereich erfuhren technische Neuerungen. Seit 1995 wird die hauseigene Qualitätskontrolle ständig erweitert, Laborräume eingerichtet und mit ausgebildeten Kräften besetzt.

Ende der 90er-Jahre wurde die Großkälteanlage der Brauerei modernisiert. In 2003 stellte man die ersten beiden zylidrokonischen Gärtanks auf. Ein dritter folgte in 2006. Im Zuge dieses Neubaus wurde eine neue Kälteanlage ausschließlich für die Gärtanks installiert. Die Produktion der Alsfelder Biere erfolgt nun im geschlossenen System. 2007 wurde in der Fassabfüllung eine neue, intensivere Vorreinigung für Keg-Fässer und eine eigene Kurzzeiterhitzung für Fassbier eingebaut.

Haben wir Sie neugierig gemacht?

Möchten Sie die Alsfelder Braukunst erleben und erfahren? Wir bieten Brauereiführungen für Gruppen ab 15 bis max. 40 Personen an. Ob mit Freunden, dem Verein oder den Arbeitskollegen, die Braukunst wird bei uns zum Erlebnis.

Während der Brauereibesichtigung lernen die Besucher sowohl traditionelle wie auch neue Technik kennen. Sie erhalten dabei auch einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Alsfelder Brauerei.

Im Sudhaus wird die konventionelle Arbeit mit Kupferkessel dargestellt. Während der laufenden Produktion kann dabei Einblick in die einzelnen Verfahrensschritte wie Gärung und Reifung genommen werden. Im Filterkeller und in der Ausmischung wird die Bierfiltration sowie das Ausmischen der verschiedenen Biermischgetränke, Limonaden und Fruchtsaftgetränke erklärt. Der weitere Weg der Führung ist der Gang durch die Flaschenfüllerei. Im Anschluss wird den Besuchern Lagerhaltung und Verladung erläutert. Am Ende der Führung wird in der KEG-Anlage die Fassabfüllung erklärt.

Den Abschluss bildet ein gemeinsamer Imbiss im Brauerei-Schalander, bei dem verschiedenste Alsfelder Bierspezialitäten ausgeschenkt werden. Machen Sie sich Ihr persönliches Bild von unserer Brauerei – wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Besichtigungszeiten:

01. September bis 31. März
Mo.-Fr. von 15.00-18.00 Uhr
Besucher, die montags-mittwochs kommen, sehen das Sudwerk in Betrieb.
Die Flaschenabfüll-Anlage ist Montag bis Donnerstag in Betrieb.
Dauer der Besichtigung:
Ca. 45 Min. Führung
Ca. 15 Min. Film über Bierherstellung
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen telefonisch unter 06631-96020 zur Verfügung.

Impressum

Herausgeber (der Broschüre): Brauerei Alsfeld AG
Verantwortlich: Dieter Resch, Geschäftsführer der Brauerei Alsfeld AG
Redaktion: Isabel Philipp, Mathis Fricke, Andreas Hörr
Satz des redaktionellen Teils: Mathis Fricke, Andreas Hörr
Typographie des redaktionellen Teils: Isabel Philipp, Andreas Hörr
Gesetzt aus: Times New Roman, Verdana
Druck: Druckhaus Waitkewitsch

Erstveröffentlichung:

Brauerei Alsfeld AG, 150 Jahre Alsfelder Bier, Begleitheft zum Jubiläum 1858-2008.

[Stand: 27.06.2024]